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Berliner Feuerwehr testet weltweit ersten Einsatzwagen mit Elektromotor
Deutschlands größte Feuerwehr fährt jetzt elektrisch. In den kommenden zwölf Monaten können die Teams auf den Citywachen Mitte, Suarezstraße und Schöneberg für jeweils vier Monate das weltweit erste elektrische Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug (kurz: eLHF) im Einsatz testen.
Kompakter, kleiner und sehr leise – die neue E-Feuerwehr ist nicht nur umweltfreundlich und ergonomisch, sondern auch ein absoluter Hingucker. Aus ganz Deutschland waren Brandschutzexperten angereist, um bei der Präsentation des weltweit ersten eLHF dabei zu sein. Der Vizechef des Deutschen Feuerwehrverbandes war da, Vertreter vom Berliner Feuerwehrmuseum und etliche Mitarbeiter von Berliner Wachen, die das Hightech-Auto endlich mal sehen wollten. Landesbranddirektor Karsten Homrighausen, Innensenator Andreas Geisel (SPD) und Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Bündnis 90/Die Grünen) feierten die Vorstellung des Feuerwehrautos auf dem Hof der Lehrrettungswache in der Voltairestraße mit allen Superlativen.
Außer dem Berliner Prototyp gibt es zwei weitere Elektro-Löschfahrzeuge, die jetzt von den Feuerwehren in Dubai und Amsterdam getestet werden. Drei dieser Fahrzeuge der österreichischen Firma Rosenbauer werden so als Vorserienmodell auf Herz und Nieren geprüft. Rosenbauer ist einer der größten Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen weltweit und hat das Fahrzeug gemeinsam mit den Berliner Feuerwehrexperten entwickelt.
Das eLHF fährt komplett mit Elektromotor; die Batterie im Fahrzeugboden betreibt auch die gesamte Löschtechnik. Allerdings hält der große Strom-Rote nicht lange durch. Nach spätestens einer Stunde ist der Saft alle. Das reicht für die meisten Einsätze, wie Feuerwehrvizechef Karsten Göwecke sagt. Bei längeren Einsätzen wird der Range Extender angeworfen. Mit „Reichweitenverlängerer“ meinen die Konstrukteure den modernen Dieselmotor, der das Feuerwehrauto „katastrophenschutzfest“ macht. Das heißt, der Elektro-Löschwagen kann auch eingesetzt werden, wenn zum Beispiel lange der Strom ausfällt und man die Akkus des Fahrzeugs nicht nachladen kann. Wie gut das mit der Aufladung funktioniert, wird nun auf den drei Feuerwachen erprobt. Zwischen 30 Minuten und einer Stunde soll ein Ladevorgang dauern.
Erprobt werden zwei Systeme. Das erste System wird direkt an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Das zweite System ist mit einem Batteriepufferspeicher ausgestattet, welcher die notwendige Hausanschlussleistung auf bis zu 11 kW reduzieren kann. Statt zukünftig auf größere Batterien zu setzen, „glauben wir mehr an Wasserstoffantrieb mit Wasserstoff-Brennstoffzelle für den Range Extender“, sagt Karsten Göwecke.
Bereits 2006 haben sich die Berliner Feuerwehr und Rosenbauer hingesetzt, „um das Feuerwehrfahrzeug neu zu erfinden“, wie Göwecke sagt. Dabei kam heraus, dass man die Raumwünsche der Retter nur umsetzen kann, wenn man auf platzsparende Elektroantriebe umstellt. „Elektromobilität und bessere Leistungsfähigkeit gehen hier bestens zusammen“, so der Feuerwehrvize. Für die Finanzierung des Projektes war „am Ende der politische Wille, Elektromobilität zusammenzubringen, die Triebfeder“, sagt Göwecke. Die Idee der Feuerwehrleute ganz am Anfang war es, das Feuerwehrauto besser zu machen; dass ein elektrobetriebenes Auto bei rauskommt, war ursprünglich nicht das Ziel. „Manchmal fügen sich eben die Dinge“, so Göwecke.
Das jetzige eLHF hat durch die Batterietechnik mehr Platz, liegt tiefer und hat einen komfortableren Einstieg für die Mannschaft. Drinnen sitzen sich die sechs Feuerwehrleute gegenüber und können wie am Konferenztisch auch mit Fahrer und Beifahrer kommunizieren. Der Fahrer kontrolliert sein Fahrzeug über große Monitore. Statt Außenspiegel liefern ihm Kameras Bilder aufs Display.
Gefördert und finanziert wird das aktuelle Projekt durch das Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung, das aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert wird. Das Gesamtbudget beträgt 1,8 Millionen Euro. Davon stammen 50 Prozent aus dem europäischen Fonds für Regionale Entwicklung. 40 Prozent übernimmt die Senatsumweltverwaltung, den Rest die Berliner Feuerwehr. Das Pilotprojekt läuft seit 2018 und soll im Februar 2022 ausgewertet sein. Wenn sich das Fahrzeug im Einsatzdienst bewährt, „ist die Umstellung aller Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuge die Perspektive“, heißt es von der Feuerwehr.
Die Feuerwehr in Berlin ist übrigens nicht zum ersten Mal unter Strom. Bereits 1908 sind die Berliner Trupps mit elektrisch betrieben Löschfahrzeugen ausgerückt. Damals galt die Umrüstung auf Verbrennungsmotoren als Fortschritt.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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