Bereitschaftspolizei im Dauerstress
Gewerkschaft kritisiert Personalmangel und fordert doppelte Vergütung bei Überstunden

Die Bereitschaftspolizei hat viel zu tun wie hier bei einer Demo von Gegnern der Corona-Maßnahmen im April auf der Friedrichstraße. | Foto: Dirk Jericho
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Zu wenig Personal, immer mehr Überstunden und geplatzte freie Wochenenden – die Gewerkschaft der Polizei (GdP) spricht von „desolaten Zuständen, die eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf nahezu unmöglich machen“. Der Überstundenberg bei der Bereitschaftspolizei ist weiter angewachsen.

Zum Stichtag 31. März 2021 stehen jetzt circa 366 225 Stunden auf der Überstundenliste. Das geht aus der Antwort von Innenstaatssekretär Torsten Akmann auf einen Fragenkatalog des SPD-Innenpolitikers Tom Schreiber zum „Sachstand der Berliner Bereitschaftspolizei“ hervor. Der Polizeiexperte Schreiber ist auch Fördermitglied der Polizeigewerkschaft.

„Dienstpläne haben immer seltener Bestand und immer häufiger werden Kräfte aus dem geschützten freien Wochenende alarmiert. Das hat Auswirkungen auf ihr Sozialleben und natürlich auch auf die Gesundheit“, sagt GdP-Landesvize Stephan Kelm. In diesem Jahr wurde bis Ende Mai schon in 332 Fällen der Dienstantritt verschoben (Dienstzeitverlagerung); Im Gesamtjahr 2020 lag die Verschiebungsquote bei 581. „Wenn man abends um 20 Uhr erfährt, dass man am nächsten Tag um vier und nicht erst um 8 Uhr auf der Dienststelle sein muss, steht man schnell mal ohne jemanden da, der das Kind in die Kita bringt“, so Kelm.

Den Personalrat und früheren Hundertschaftsführer ärgert, dass in diesem Jahr schon achtmal (2020: achtmal; 2019: viermal; 2018: zweimal) Polizisten aus einer sogenannten geschützten Freizeit alarmiert wurden. In dieser Zeit (von Freitagnachmittag bis einschließlich Sonntag) sollen die Polizisten eigentlich sicher sein, dass sie in Ruhe gelassen werden. Nur in absoluten Ausnahmefällen werden sie in die Kaserne gerufen. Die GdP fordert eine doppelte Vergütung bei Alarmierung aus der geschützten Freizeit sowie bei angeordneter Mehrarbeit.

Die Berliner Bereitschaftspolizei hat extrem viel zu tun, weil in der Hauptstadt Tausende Demonstrationen und andere Veranstaltungen stattfinden. Im vergangenen Jahr musste sie knapp 6000 Versammlungen schützen. Obwohl vieles andere wegen Corona ausgefallen sei, habe es ab Frühjahr 2020 „neue Protestphänomene“ und Dauerstress für die Einsatzkräfte gegeben, wie Torsten Akmann schreibt. Gemeint sind vor allem die Corona-Demos und die „Überwachung der Infektionsschutzmaßnahmen“ in Parks.

Die GdP spricht von rund 180 unbesetzten Stellen bei der Bereitschaftspolizei und moniert, dass „Bund und Länder die besondere Bedeutung Berlins bei Amtshilfeersuchen nicht immer berücksichtigen“, sagt Stephan Kelm. Berlin sei Schwerpunkt für politische Auseinandersetzungen und Großereignisse. „Aber wir müssen nicht für jeden Unsinn, und weil Politiker es so wollen, Einheiten in den Dienst rufen“, meint Gewerkschafter Kelm.

Die Berliner Bereitschaftspolizei besteht aus drei Abteilungen mit jeweils fünf oder sechs Einsatzhundertschaften und zwei Technischen Einsatzeinheiten. Ende Mai gab es bei der Bereitschaftspolizei insgesamt 2370 Stellen. Die Polizei rüstet auf und bekommt eine neue Einsatzhundertschaft. Die 100 neuen Stellen sind mit Senatsbeschluss vom 22. Juni im Doppelhaushalt 2022/2023 berücksichtigt. Laut Akmann sollen zudem die Technischen Einsatzeinheiten auf 80 Stellen aufgestockt werden. Die Senatsinnenverwaltung prüfe derzeit, „ob längerfristig der Aufbau einer weiteren Einsatzhundertschaft erforderlich ist“, so Torsten Akmann.

Die Bereitschaftspolizei hat viel zu tun wie hier bei einer Demo von Gegnern der Corona-Maßnahmen im April auf der Friedrichstraße. | Foto: Dirk Jericho
Die Bereitschaftspolizei hat viel zu tun wie hier bei einer Demo von Gegnern der Corona-Maßnahmen im April vor dem Friedrichstadt-Palast. | Foto: Dirk Jericho
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Dirk Jericho aus Mitte

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