Hightechlabore auf Rädern
Seit zehn Jahren retten Stroke-Einsatz-Mobile das Leben von Schlaganfallpatienten
Sendet die Feuerwehr ein spezielles Rettungsfahrzeug, ein sogenanntes Stroke-Einsatz-Mobil (Stemo), zu einem Schlaganfallpatienten, hat dieser viel bessere Überlebens- und Genesungschancen. Das haben jetzt Charité-Forscher in einer Studie erstmals nachgewiesen.
„Time is brain“ lautet ein Merksatz aus der Notfallmedizin. Und vor allem beim Schlaganfall geht es um jede Sekunde. Wenn ein Blutgerinnsel Gefäße verstopft, sterben unbehandelt pro Minute knapp zwei Millionen Nervenzellen ab. Je schneller die Behandlung beginnt und Spezialisten das Gerinnsel medikamentös auflösen können, um so geringer sind die Folgeschäden des Hirnschlags.
In Berlin gibt es drei rollende Hightechlabore (Stemo), die in Kooperation zwischen Charité, Vivantes und dem Unfallkrankenhaus Berlin von der Feuerwehr zu Einsätzen geschickt werden. „Wir haben neun Prozent mehr Patienten, die ohne jegliche Behinderung einen Schlaganfall überlebt haben“, sagt Professor Heinrich Audebert vom Centrum für Schlaganfallforschung zum zehnjährigen Jubiläum der Stemos. Der Neurologe wollte seinerzeit, dass die Spezialfahrzeuge Diagnostik und Therapie zu den Patienten bringen. Im Februar 2011 rückte das erste Stroke-Einsatz-Mobil aus. Die Rettungswagen sind speziell für Schlaganfallpatienten konzipiert und haben Computertomographen und Blutlabor an Bord. Neurologen können sofort vor Ort mit der Behandlung beginnen. Die drei Berliner Stemos rücken etwa 6000 Mal im Jahr aus. Die erste „Mobile Stroke Unit“ gab es im Saarland.
Eine Studie hat jetzt erstmals gezeigt, dass Schlaganfallpatienten häufiger überleben und ohne Behinderung bleiben, wenn das Stemo kommt. Die Studienergebnisse sind im Fachmagazin „Jama“ veröffentlicht. Laut Studie war bei den Betroffenen, zu deren Rettung das Stemo losgeschickt wurde, das Risiko, nach drei Monaten durch schwerere Behinderungen eingeschränkt zu sein im Vergleich zum normalen Rettungsdienst, wenn der Patient in die Notaufnahme gefahren wird, um 29 Prozent geringer, sagt Studienleiter Heinrich Audebert.
Für die Studie wurden Schlaganfall-Notfälle untersucht, die sich zwischen Februar 2017 und Mai 2019 in Berlin ereigneten und auf ein Blutgerinnsel zurückzuführen waren. Allerdings entscheidet fast immer der Zufall über den rettenden Einsatz des Spezialfahrzeugs, heißt es in dem Forschungsbericht. Denn nur wenn ein Stemo im Einsatzgebiet verfügbar war, wurde es zusätzlich zum Rettungsdienst alarmiert. Die Wissenschaftler haben 1543 Fälle ausgewertet. Zu 749 Patienten (49 Prozent) wurde seinerzeit ein Stemo geschickt. Der Vergleich zeigt ein eindeutiges Ergebnis: In der Stemo-Gruppe erhielten mehr Patienten eine Blutverdünnungstherapie und diese Behandlung begann durchschnittlich 20 Minuten früher. Rückte ein Stemo aus, verstarben rund sieben Prozent der Patienten, bei konventioneller Rettung waren es rund neun Prozent.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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