Kein Blaulicht mehr bei Mückenstichen
Wegen Überlastung: Feuerwehr überarbeitet Notruf-Codes
Weil die Rettungsdienste extrem überlastet sind, hat die Feuerwehr die Codes der Notrufabfrage überarbeitet und angepasst.
Allergische Reaktion ohne Atem- oder Schluckbeschwerden, geringfügige Verbrennung und Verbrühungen, ungefährliche Blutung mit internistischer Ursache – wenn Menschen bei solchen Verletzungen den Feuerwehr-Notruf 112 wählen, schickt die Leitzentrale keinen Rettungswagen mit Blaulicht mehr raus. Denn Mückenstiche mit Schwellungen, schwache Blutungen und viele weitere Symptome sind nicht lebensbedrohlich und lassen keine schweren gesundheitlichen Schäden befürchten. Die Patienten werden an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) weitergeleitet, die über Telefon 116 117 erreichbar ist.
Mit den Änderungen im Standardisierten Notruf-Abfrageprotokoll (SNAP) will die Feuerwehr den strapazierten Rettungsdienst entlasten. Im Notrufgespräch arbeiten die Telefonisten bestimmte Fragen ab, um zu entscheiden, ob ein Rettungswagen sofort raus muss oder der Einsatz an Kassenärzte abgegeben werden kann. Das SNAP spielt je nach Antworten einen spezifischen Code für das zu entsendende Einsatzfahrzeug aus.
Seit 2019 werden die Codes der Notrufabfrage analysiert und überprüft. Unter der Leitung des Chefarztes im Rettungsdienst wurden die Codes nun angepasst. Bei zusätzlichen 14 Codes sollen die Patienten an „andere geeignete Versorgungsstrukturen“ weitergeleitet werden. Insgesamt sind 127 Codes festgelegt, bei denen die Feuerwehr keinen Rettungswagen mehr schickt. „Nicht für jede Person, die die 112 wählt, ist ein Rettungswagen die geeignete Hilfe. Deswegen haben wir die Zusammenarbeit mit der KV in den letzten Jahren auf allen Ebenen aufgebaut“, sagt Dr. Stefan Poloczek, Ärztlicher Leiter Rettungsdienst bei der Feuerwehr.
Hintergrund ist die Dauerüberlastung der Retter. Der Personalrat und die Feuerwehr-Gewerkschaft fordern seit Längerem Änderungen im SNAP-System. Die Feuerwehr muss wegen der vielen Einsätze fast täglich für den Rettungsdienst den Ausnahmezustand ausrufen. In diesem Jahr ist die Lage extrem: Im ersten Halbjahr gab es schon rund 200 Ausnahmefälle; 2020 wurde der Ausnahmezustand 64-mal ausgerufen. Die Code-Anpassung erfolgt auf Druck einer Steuerungsgruppe der Innenverwaltung und Feuerwehr, die wegen des Dauerchaos' Verbesserungen in den Abläufen prüft. Neben der „deutlichen Intensivierung der regelmäßigen Code-Anpassung“ soll künftig „eine verstärkte Digitalisierung der Einsatzdokumentation und -auswertung“ für Entlastung sorgen, teilt die Feuerwehr mit.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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