Depressionen im Alter
Beratung und Therapie können auch bei Pflegebedarf helfen
Wenn ältere Menschen unter Depression leiden, dann handelt es sich nicht um "normales Altern", sondern um eine ernstzunehmende Erkrankung. Entgegen aller Vorurteile sind psychologische Beratung und Therapie auch bei älteren, pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen hilfreich.
Im Alltag auf die Hilfe von anderen angewiesen zu sein, stellt neben einer großen finanziellen auch eine emotionale Herausforderung im Alter und besonders bei Pflegebedarf dar. Betroffene haben oft das Gefühl, nichts mehr leisten zu können, fühlen sich wertlos oder schuldig und ziehen sich zurück. Die Folge kann eine depressive Erkrankung sein, welche auch durch andere im Alter häufige Erkrankungen mitverursacht sein kann. Weit zurückliegende traumatische Erfahrungen können zudem bei der Entstehung von Depression eine Rolle spielen.
Depression drückt sich häufig in Antriebslosigkeit, Interessenverlust und Lebensüberdruss aus. Wenn Angehörige depressive Stimmung bei den Betroffenen bemerken, wollen sie in der Regel helfen und verfallen dabei nicht selten in überfürsorgliches Verhalten und vorschnelles Erteilen von Ratschlägen. „Dies ist problematisch, weil die Betroffenen dadurch den Eindruck bekommen, nichts mehr allein bewältigen zu können“, sagt Eva-Marie Kessler, Professorin für Gerontopsychologie an der MSB Medical School Berlin.
Über den Kopf hinweg Entscheidungen zu treffen, ohne die Betroffenen mit einzubeziehen, führt dazu, dass die Unterstützung von Angehörigen und Freunden eher als Kritik verstanden und als Belastung erlebt wird. „Statt den Betroffenen vorschnell Aufgaben abzunehmen, sollte man ihr Bedürfnis nach Autonomie anerkennen und sie in ihren Fähigkeiten bekräftigen. Dies stärkt neben den körperlichen Fähigkeiten auch das Selbstwertgefühl, da die Betroffenen erkennen, dass sie trotz ihrer Einschränkungen aktiv etwas beitragen und ihren Alltag gestalten können", rät Kessler. Auch das Appellieren an den Willen der Erkrankten erzeugt Schuldgefühle und den Eindruck, versagt zu haben, und sollte daher vermieden werden. Angehörige sollten Betroffene auch schon für kleine Fortschritte loben. Hilfreich ist auch, gemeinsame Aktivitäten im häuslichen Umfeld vorzuschlagen. Auf Lebenserfahrungen und daraus erworbenen Einsichten und Meinungen angesprochen zu werden, stärkt bei Betroffenen das Selbstwertgefühl und ihr Wohlbefinden.
„Depression ist kein Zeichen von Unfähigkeit oder Schwäche“, weiß Kessler. „Denken Sie nicht ‚Das muss ich schon allein schaffen‘, sondern sprechen Sie über Ihre Stimmungslage – allen voran mit ihrem Hausarzt und mit Familienangehörigen, Pflegekräften und Freunden.“ Betroffene sollten an positiven Routinen und dem Austausch mit anderen festhalten, auch wenn sie erst einmal keine Motivation dazu verspüren. Trotz eingeschränkter Selbständigkeit kann man auch bei Pflegebedarf versuchen, möglichst selbstbestimmt zu leben.
Entgegen der Annahme "Das lohnt sich doch nicht mehr!" ist Unterstützung durch psychologische Beratung und Therapie auch bei sehr alten, pflegebedürftigen Menschen mit Depression hilfreich. Dabei können Psychotherapeuten Betroffene dabei zu unterstützen, ihre Selbständigkeit weiter aufrecht zu erhaltwww. psy-care.deen und praktische Lösungen im Alltag zu finden. In Berlin läuft seit Beginn des Jahres die Versorgungsinitiative PSY-CARE unter Leitung der MSB Medical School Berlin und unter wissenschaftlicher Begleitung der Charité, welche die schlechte Versorgungssituation Betroffener verbessern möchte. Eva-Marie Kessler: „Wir haben ein Netzwerk Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Berlin aufgebaut, die für ältere pflegebedürftige Menschen mit Depression und ihre Angehörigen psychologische Unterstützung bieten.“ RR
Informationen über PSY-CARE auf www.psy-care.de und unter Telefon 76 68 37 58 38.
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
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