Wenn Man(n) keine 20 mehr ist: Die Midlife Crisis trifft nicht jeden
Mit 20 ist das Ende des Lebens noch weit weg, mit 50 nicht mehr ganz. Dies wird vielen in dem Alter bewusst. Die Beziehung läuft, das Prickeln aber ist weg. Im Job mag der Erfolg da sein – aber was soll noch kommen? Oder der Erfolg ist nicht da – kann man noch etwas erreichen? Hat man das Leben genug ausgekostet?
Ein gängiges Klischee besagt, dass Männer auf solche Fragen reagieren, indem sie sich etwa einen neuen Flitzer zulegen, jungen Frauen hinterhergucken und im Fitnessstudio eine Schippe drauflegen. So stellen sich nicht wenige den Mann in der Midlife Crisis vor.
Natürlich gebärdet sich nicht jeder Mann, der in einer Midlife Crisis steckt, auf diese Weise. "Eine Midlife Crisis ist kein obligatorisches Schicksal und trifft nicht jeden", erklärt Riad Romanos vom Männergesundheitszentrum in Berlin. Wissenschaftlich ist die Midlife Crisis nicht nachgewiesen.
Diese Krise tritt meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Prof. Peter Walschburger von der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Berlin, nennt es eher einen Umbruch. "Die menschliche Entwicklung ist eine Abfolge von Entwicklungsphasen, in denen es um Umbrüche geht", erklärt er. In der Mitte des Lebens sinkt die Zufriedenheit bei Menschen, wie Studien zeigen.
"Man hat bestimmte berufliche, familiäre und finanzielle Ziele erreicht, und es scheint, als könne es nicht besser werden", meint der psychologische Psychotherapeut Rolf Merkle. Nun kann der Eindruck aufkommen, dass es von jetzt an bergab geht. Tatsächlich gibt es laut Romanos ein Klimakterium virile, eine Art männlicher Wechseljahre. "Dessen Ursache ist eindeutig organisch, der Testosteron-Spiegel fällt ab", sagt der Mediziner. Folgen können Schwächegefühl, Reizbarkeit, innere Unruhe, Potenzstörungen oder Schweißausbrüche sein. Das sollte ein Arzt abklären.
Nicht mehr 20 zu sein, das hat für die meisten Menschen etwas Entspannendes: Man muss sich nicht mehr ständig beweisen und wird gelassener. "Du bist nicht mehr 20" ist eine Feststellung, die aber auch ernüchtern kann – manches hat man nicht erreicht, was man sich vorgenommen hatte. "Und es dämmert einem, dass man es vielleicht auch nicht mehr erreichen wird", sagt Walschburger.
Walschburger empfiehlt, eine Liste aufzustellen mit dem, was einem gut tut, was man erreicht hat – und was man verändern möchte und kann. "Immer mal wieder Bilanz zu ziehen und sich zu fragen, wo man steht und wo man hinwill, hilft, sich über seine Bedürfnisse und Lebensziele klar zu werden", erklärt Merkle.
Um etwas zu verändern, muss nicht die große Revolution ausbrechen. "Man kann schauen, ob man am Arbeitsplatz neue Aufgaben finden oder ob man sich spezialisieren kann", schlägt Merkle vor. Wer immer schon ein bestimmtes Hobby im Blick hatte, legt damit los.
"Entscheidend ist, dass man sich nicht in der Misere einrichtet und ängstlich verharrt, sondern überlegt, was man anpacken kann", sagt Walschburger. Die Gefahr ist, wie Merkle ergänzt, dass man alles, was man bisher erreicht hat, infrage stellt und radikale Veränderungen vornimmt, die einem hinterher leidtun. mag
Autor:Ratgeber-Redaktion aus Mitte |
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