Das Haus Schwarzenberg feiert 20. Geburtstag
Michael Zander kann man derzeit dabei zusehen, wie er seine Holzdrucke in der neurotitan-Galerie im zweiten Hinterhof - dem Herzstück des kreativen Kunstzentrums Schwarzenberg - herstellt. Zander ist einer von elf Künstlern, die der Verein Schwarzenberg im Jubiläumsjahr in der Hausgalerie arbeiten lässt. Mit den temporären Ateliers - noch bis zum 30. Mai - will der Verein darauf aufmerksam machen, dass es für Künstler immer schwieriger wird, bezahlbare Räume zum Arbeiten zu finden.
Seit 20 Jahren arbeiten Dutzende Künstler in den alten Fabrikgebäuden. Im Haus Schwarzenberg gibt es 18 Ateliers, das Programmkino Central, das Monsterkabinett der Künstlergruppe Dead Chickens mit ihren unglaublichen Maschinenkreaturen und die düstere Zombiebar Eschschloraque Rümschrümp. Wer von der Straße in den langen Hof eintaucht, betritt eine andere Welt. Die Wände sind nicht glattgeputzt und schick getüncht wie anderswo im hippen Mitte. Die löchrigen Kriegsfassaden sind voll mit Graffiti und Street Art. Riesige Monsterskulpturen der Künstlergruppe Dead Chickens prangen an den Wänden. Während andere Kreativreviere wie das Tacheles oder der Eimer längst von Investoren vertrieben wurden, hat das Haus Schwarzenberg überlebt. Eingequetscht zwischen den Hackeschen Höfen und den Rosenhöfen, gibt es hier in einer Welt mit Glitzer, Edelboutiquen und Flagshipstores diese Enklave der freien Kunst. "Irgendwie ist das ein Wunder, dass wir das Haus retten konnten", sagt der Fotograf Henryk Weiffenbach. Er hatte 1995 mit Künstlern der Kreuzberger Gruppe Dead Chickens die leerstehenden Gebäude entdeckt, von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) gemietet und als erstes die Eschschloraque-Bar eröffnet. Den Vereins- und auch Hausnamen hat Weiffenbach aus einem Stefan-Heym-Roman von 1984. Darin geht es um die "Freie Republik Schwarzenberg" - ein nach der Kapitulation der Wehrmacht 1945 für 42 Tage unbesetztes deutsches Gebiet im Erzgebirge, das die Alliierten vergessen hatten.
Wäre die spektakuläre Zwangsversteigerung vor über zehn Jahren nicht zugunsten der Künstler ausgegangen, wäre auch die Kunstrepublik längst Geschichte. Weil die jüdische Erbengemeinschaft sich nicht einigen konnte, kam das Ensemble 2004 unter den Hammer. Der Senat hatte damals die Einzigartigkeit des Projektes erkannt und wollte den Kreativort erhalten. Im Wettstreit mit finanzkräftigen Investoren, die bereits große Teile in Mitte gekauft und luxussaniert haben, gewann der Senat mit finanzieller Unterstützung des Bundes die Auktion.
Das Haus Schwarzenberg ist auch ein wichtiger Ort der Geschichte. Mieter der WBM sind neben dem Schwarzenberg e.V. auch das Anne-Frank-Zentrum und das Museum "Blindenwerkstatt Otto Weidt". Die Künstler hatten vor Jahren die Räume entdeckt und die Geschichte des Unternehmers erforscht, der in der Nazizeit in seiner Bürstenwerkstatt in der Rosenthaler Straße Juden versteckte. Der Mietvertrag des Künstlervereins mit der WBM läuft in diesem Jahr aus. "Wir hoffen, dass wir einen neuen, langfristigen bekommen", sagt Schwarzenberg-Gründer Henryk Weiffenbach. "Es steht grundsätzlich nichts im Weg, den Vertrag zu verlängern", sagt WBM-Sprecherin Steffi Pianka. Bisher habe sich der Verein noch nicht gemeldet.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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