Fundort „Rechts vom Gletscher“
Ehrenamtliche helfen beim Inventarisieren der Sammlungen des Museums für Naturkunde
Die Mauern des 1810 gegründeten Museums für Naturkunde verbreiten eine besondere Atmosphäre. In Räumen jenseits der Ausstellung scheinen die vergangenen zwei Jahrhunderte fast wie eine Patina über Vitrinen, wissenschaftlichen Instrumenten und Aktenordnern in dunklen Eichenholzschränken zu liegen.
Dieser beeindruckende Ort ist nun der Arbeitsplatz von Dr. Ulrike Barthel. Die 72-jährige Rentnerin ist von Hause aus Diplom-Biologin und momentan ein- bis zweimal in der Woche ehrenamtliche Mitarbeiterin in der Abteilung Arachnida und Myriapoda, also Spinnentiere und Tausendfüßer. „Ich habe in der Medizin im Bereich Transplantation gearbeitet, aber mein Hobby war schon immer die Zoologie“, sagt Ulrike Barthel. „Wie meine anderen Ehrenamtstätigkeiten zum Beispiel im Tierpark macht mir auch diese interessante Aufgabe im Museum riesig Spaß und gibt mir im Ruhestand zudem Struktur.“
Ihre Aufgabe ist momentan die Inventarisierung der Spinnensammlung des 2009 verstorbenen deutschen Biologen Otto von Helversen. Mindestens 150 mit Alkohollösung gefüllte Gläser, jedes mit rund 50 Proberöhrchen bestückt, wollen gesichtet und erfasst werden – eine wahre Sisyphusarbeit und eine spannende dazu. Betreut werden Ulrike Barthel und zwei weitere Ehrenamtliche in der Abteilung von der im Museum für Spinnentiere zuständigen Konservatorin Anja Friederichs. Sie ist froh über jede Unterstützung und begeistert vom Engagement und Einsatz ihre Schützlinge. „Wir haben hier weit über 250 000 Exemplare allein an Spinnen. Da ist wirklich jede Hilfe willkommen – zumal eine so professionelle wie die von Ulrike Barthel, die auch von Schriften etwas versteht.“
Regelrechte Detektivarbeit
Denn mit der Erfassung müssen zunächst die beigefügten Etiketten aus längst vergangenen Zeiten entziffert werden, die oft schwer leserlich in „altdeutscher Schrift“ verfasst sind. „Das gleicht einer regelrechten Detektivarbeit, bei der so manche Überraschung wartet“, schmunzelt Anja Friederichs. „Eine Probe aus dem 19. Jahrhundert enthielt zum Fundort nur den Hinweis ‚Rechts vom Gletscher‘. Welcher Gletscher gemeint war, muss nun anhand von Tagebüchern des Forschers und anderen Aufzeichnungen recherchiert werden.“
Daran ließe sich ermessen, wie groß der Arbeitsaufwand sei, meint Anja Friederichs. „Das hört nie auf. Denn es kommen weiter Sammlungen aus Nachlässen und Schenkungen dazu.“ Insgesamt beherbergt das Museum rund 30 Millionen Objekte, von denen nur ein Bruchteil in Ausstellungen zu sehen ist. Die 64 Ehrenamtlichen – Rentner, Studenten und Hobbyforscher – unterstützen die Museumsmitarbeiter in allen Abteilungen. Wer sich also für ein bestimmtes Thema interessiert, kann mit dem Museum Kontakt aufnehmen. Zuweilen kann auch an Experimenten oder Studienreisen teilgenommen werden.
Kontakt: Petra Ebber, Sekretariat Sammlungsentwicklung und Biodiver-sitätsentdeckung, Museum für Naturkunde, Invalidenstraße 43, 10115 Berlin, Tel. 88 91 40 88 62, E-Mail petra.ebber@mfn.berlin. Weitere Informationen unter www.museumfuernaturkunde.berlin.
Autor:Michael Vogt aus Prenzlauer Berg |
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