Das Bodendenkmal auf der Fischerinsel
Eine Latrine auf Zeitreise
Am Vormittag des 28. April 2021 ragte auf der Berliner Fischerinsel die längst ohne Fischerkaten ist, dafür aber mit Hochhäusern, ein riesiger Kranmast in den frühblauen Himmel. Angekündigt war die Umsetzung einer mittelalterlichen Latrine die in einer Baugrube gefunden wurde, dort wo die WBM Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte mbH 210 Mietwohnungen baut. (s.auch „Latrine bleibt am Fundort“, von Ulrike Kiefert BW. 1.5.2021)
Als Latrinen wurden gemeinhin „Plumpsklos“ benannt. Jenes oder diese Latrine war dort für einen Haushalt aus dem 14. Jahrhundert eingerichtet. Allerdings muss dieser mit einem gewissen Vermögen ausgerüstet gewesen sein sich eine gemauertes Klo leisten zu können, damals noch eine Seltenheit. Die meisten Anbauten zur „Entsorgung“ waren aus Holz gefertigt und sind längst zu Erde zerfallen. Das stille Örtchen war ca. 700 Jahre verborgen, während die Doppelstadt Berlin heute mindestens 784 Jahre zählt, so nach einem Geistlichen der in Cöllner/Berliner Kirchendiensten stand und 1237 in Brandenburg eine Urkunde unterschrieb. Kirchen sind meist die sichtbar ältesten Bauwerke einer Stadt. Trotz allem ist das Alter Berlins auf den Punkt unbekannt und nach oben um Einiges offen. An der Baustelle der WBM, im ehemaligen Cölln, zwischen dem heutigen Mühlendamm und der Fischerinsel entstand 2016/17 zunächst eine Baugrube, die archäologisch untersucht wurde, das ist so üblich bei Bodeneingriffen im fundverdächtigen Gelände. Dort tauchten, wie vermutet, in fünf Meter Bodentiefe Spuren von verschiedenen Bebaungen auf die auf eine intensive Besiedlung schließen ließen und die um etwa 800 Jahre zurückreichen dürften. Nunmehr wurden die Funde sorgfältig dokumentiert und vieles konnte geborgen werden.
Die Besonderheit dabei, so Dr.Christoph Rauhut Landeskonservator am Landesdenkmalamt, war eben die komplette Latrine die als Block geborgen wurde. Der eigentliche Bau ist quadratisch, umfasst 1,8 Meter Seiteinlänge und ist in großformatigen Ziegelsteinen gebaut. Seine „Nutztiefe“ betrug etwa 2,00 Meter. Latrinen waren eben auch Abfallbehälter, allgemein, die geleert und wieder gefüllt wurden und so vermittelte sich, mit der gefundenen, ein kleines Abbild vom häuslichen Leben im 14. Jahrhundert, an dieser einen Stelle, auch gekennzeichnet durch Keramik aus dieser Zeit.
Mit Unterstützung der WBM wird bald, neben dem Neubau, dieses Zeugnis des Mittelalters zu besichtigen sein, so WBM Geschäftsführerin Christina Geib die auch das Interesse der WBM am historischen Erbe der Stadt hervorhob.
Ralf Rohrlach
Bodendenkmalpfleger beim LDA Berlin.
Autor:Ralf Rohrlach aus Friedrichshain |
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