Hinter den Gesichtern
Foto-Ausstellung im Humboldt Forum erzählt vom Leben Obdachloser
Eine Foto-Ausstellung im Humboldt Forum zeigt Porträts und erzählt Geschichten von Obdachlosen und den Menschen, die ihnen zur Seite stehen.
Obdachlos, ausgegrenzt, wenig Hoffnung? Wie ist der Blick von Menschen, die Hilfe brauchen, und von denen, die Hilfe geben? Was wünschen sie sich? Die Foto-Ausstellung „mensch_sein“ im Humboldt Forum erzählt davon in beeindruckenden Portraits von Berliner Obdachlosen. In einfühlsamen Texten bekommen sie den Raum, um von ihrem Leben zu erzählen. Aber auch Helfer der Johanniter werden vorgestellt. In Bildern und Texten geben sie Auskunft darüber, was sie zu ihrer kräftezehrenden, aber auch inspirierenden Arbeit antreibt.
Texte und Portraits stammen von der Sozialarbeiterin Anja Gronwald und dem Fotografen Andreas Duerst. Entstanden sind die Fotos in der Notübernachtung der Johanniter in der Ohlauer Straße in Kreuzberg. Andreas Duerst wollte damit die auf der Straße lebenden Menschen sichtbarer machen. Anja Gronwald, die die Obdachlosen und freiwilligen Helfer interviewte, interessierten die Geschichten hinter den Gesichtern.
Da ist zum Beispiel Siegmund, den alle Siggi nennen. Der 63-Jährige ist gelernter Elektroniker und hatte bis zur Wende eine „gute Anstellung“. Danach war alles ein bisschen chaotisch, wie er sagt. „Ich habe dann Nachbarschaftshilfe und Gelegenheitsjobs gemacht. Jetzt bin ich auf der Suche nach Arbeit.“ In die Notübernachtung kommt Siggi fast täglich. „Um etwas Warmes zu essen und wegen der tollen Menschen hier.“ Hans Joachim wünscht sich mal wieder eine Wohnung, „denn im Wohnheim ist ständig Lärm“. Am Tag läuft er draußen herum und ist nur abends dort, um zu essen. Dann geht er wieder raus. „Angefangen habe ich mit Fernsehreparatur. Den Laden durfte ich dann auch übernehmen.“ Doch es gab Probleme mit der Miete. Bei einem Wohnungsbrand zog er sich einen Oberschenkelsplitterbruch zu und war längere Zeit im Krankenhaus. „Danach habe ich Vollzeit als Hausmeister an der Schule gearbeitet. Dann hatte ich da einen Bandscheibenvorfall.“ Hans Joachim ist Berliner und viel auf Demos unterwegs. „Ich treffe viele Leute, wir reden und machen Pläne. Wir sind für Frieden und freie Selbstbestimmung.“
Zu sehen ist die Ausstellung "mensch_sein" bis Ende März im „Ort der Wärme. Johanniter im Humboldt Forum“ im Museumsshop am Portal 3 am Schloßplatz. Der „Ort der Wärme“ ist eine Gemeinschaftsaktion der Johanniter-Unfall-Hilfe, der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss und dem Shopbetreiber Muson.
Die über 350 Helferinnen und Helfer der Johanniter engagieren sich in der Notübernachtung in Kreuzberg, im "Café Krause" in der St.-Thomas-Kirche und im Ort der Wärme im Humboldt Forum. In der Notübernachtung finden im Winter jede Nacht mehr als 80 Menschen Schutz. Sie bekommen eine warme Mahlzeit, können duschen, frühstücken und sich in der Kleiderkammer versorgen. In regelmäßigen Sprechstunden betreuen die Johanniter auch Menschen ohne Krankenversicherung medizinisch. Geöffnet ist Mo/Mi-So 14-18 Uhr.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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