Von der Markthalle zum Revuetheater
Friedrichstadt-Palast feiert 40 Jahre im Neubau

Die Glasbausteine am Palast funkeln nachts besonders schön.  | Foto:  Ulrike Kiefert
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  • Die Glasbausteine am Palast funkeln nachts besonders schön.
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Der Friedrichstadt-Palast ist eine der größten Theaterbühnen der Welt. Schon zu DDR-Zeiten war er wegen seiner glamourösen Revuen beliebt. Im April feierte der neue Palast sein 40-jähriges Jubiläum. Seine Geschichte ist aber noch viel älter.

Mit seinen 1895 Sitzplätzen ist der Friedrichstadtpalast seit 1990 der größte Theaterbau Berlins und heute Europas größtes Revue-Theater. Denn anders als der Palast der Republik fiel das prominente Beispiel der DDR-Postmoderne nicht der Abrissbirne zum Opfer. Seit 2020 steht der Palast unter Denkmalschutz.

Eröffnet wurde er im April vor 40 Jahren. Seitdem feierten 150 Eigenproduktionen im Palast Premiere und gingen rund 14 000 Vorstellungen über die Theaterbühne. Zurück reicht die Geschichte des Palastes aber bis 1919, als Theaterregisseur Max Reinhardt das Große Schauspielhaus eröffnete. Ein erstes Gebäude des Friedrichstadt-Palastes wurde aber schon 1865 zuerst als Markthalle und ab 1873 als Zirkus für Pferdedressuren genutzt. Im "Dritten Reich" hieß das Haus Theater des Volkes, seit dem 1. November 1947 trägt es den Namen Friedrichstadt-Palast Berlin. Der Begriff "Friedrichstadt-Palast" bezieht sich sowohl auf das Gebäude selbst als auch auf das Revuetheater mit seinem Ensemble.

Schlüsselübergabe am Vormittag des 27. April 1984 an Wolfgang E.Struck.  | Foto:  Friedrichstadtpalast/Settnik
  • Schlüsselübergabe am Vormittag des 27. April 1984 an Wolfgang E.Struck.
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Am 29. Februar 1980 musste der alte Palast unter der Adresse Am Zirkus 1 aus statischen Gründen von der Bauaufsicht geschlossen werden. Nach 39 Monaten Bauzeit ging der neue Palast 1984 am neuen Standort in der Friedrichstraße 107 ans Netz – fristgerecht und mit fünf Millionen Mark unter dem geplanten Baubudget von 219 Millionen Ost-Mark. 22 500 Glasbausteine zieren bis heute die ikonische Fassade des letzten großen Repräsentationsbaus der DDR. Den symbolischen Schlüssel erhielt der damalige Hausherr und Direktor Wolfgang E. Struck am Vormittag des 27. April 1984. Am Abend hob sich dann zum ersten Mal der Vorhang im neuen Palast der Republik. Erich Honecker, seine Frau und Bildungsministerin Margot und Planwirtschaftsminister Günter Mittag saßen im Parkett. Die vier Sitzplätze in der Mitte der dritten Reihe heißen im Haus bis heute inoffiziell "Honecker-Plätze", obwohl der DDR-Staatsratsvorsitzende nur dieses eine Mal Gast im Palast war. Warum Honecker nicht öfter kam, ist nicht überliefert.

Das Haus bot schon damals eindrucksvolle, zu seiner Zeit höchst innovative technische Möglichkeiten. Mit einem Hubpodium können auch heute noch die Eisfläche, eine Manage und das spektakuläre Wasserbecken bewegt werden. 1987 stellte das Ballettensemble des Palastes zusammen mit der Leningrader Music Hall einen einmaligen Weltrekord auf: Beide Ballettcompagnien brachten mit 64 Tänzerinnen die längste Girlreihe der Welt auf die Bühne in Ostberlin.

Der große Saal mit bewegbarer Bühne.  | Foto:  Friedrichstadtpalast
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Nach dem Fall der Mauer ließ der gewohnte Besucherstrom zunächst nach. Der Palast landete wie vieles andere im Ostteil der Stadt auf der "Abwicklungsliste" des Senats und geriet in existentielle Not, da das Unterhaltungstheater nicht als förderwürdig galt. Erst ab 1993 ging es wieder bergauf. Der ehemalige Dramaturg des Hauses, Alexander Iljinskij, wurde neuer Intendant. Er verschaffte dem Haus ein Comeback und verankerte es fest in Berlin. Zwei Jahre später wurde das Theater in eine landeseigene GmbH überführt, die bis heute existiert.

1999 bekam der Palastsaal ein Make-Over und seine charakteristische blaue Optik, wie man sie heute kennt. 2006 geriet das Haus dann erneut in eine schwere künstlerische Krise, die in der Spielzeit Ende 2007 und 2008 kulminierte. Am 1. November 2007 wurde Berndt Schmidt vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zum Intendanten und alleinigen Geschäftsführer bestellt. Mittlerweile ist Berndt Schmidt exakt 40 Prozent der 40 Jahre am neuen Palast, nämlich 16 Jahre. Seine erste Großproduktion "Qi – eine Palast-Phantasie" von 2008 sollte das Genre der Revue entstauben und den Palast künstlerisch im 21. Jahrhundert ankommen lassen. Seitdem übertrifft der Palast mit jeder neuen Grand Show die vorherige und kam 2023 auf Ticketerlöse von immerhin 28 Millionen Euro. Zum Vergleich: 2007 lagen die Ticketumsätze bei zwölf Millionen Euro.

Auch im 40. Jubiläumsjahr deutet nichts auf einen hässlichen Kratzer in der Bilanz hin: Alle Kennzahlen der ersten sieben Monate seit Spielbeginn zeigen, dass die aktuelle Grand Show "Falling in Love" erneut auf Rekordjagd ist. "Für mich als Westgeborenen ist es eine Auszeichnung und Ehre, an dieser bedeutenden ostdeutschen Institution wirken zu dürfen", gratuliert Palastchef Berndt Schmidt zum Jubiläum. Er sei froh darüber, dass "dieses Juwel die Wende überlebt hat" und heute aus dem Kulturangebot Berlins nicht mehr wegzudenken sei. "Wir sind mit Abstand die Nummer 1 der Berliner Bühnen." Das Prachtgebäude von 1984 wäre aber nur "beiger Betongigant" mit 195 000 Kubikmetern Fläche. "Zum Leben, zum Leuchten und zum Strahlen bringt es sein wunderbares multiethnisches Ensemble", so Schmidt weiter. "Es ist so einzigartig wie dieses Haus."

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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