Mauerpanorama will weg vom Checkpoint
In seinem Inneren bekommen die Besucher einen authentischen Eindruck von der einstigen Szenerie entlang der Berliner Mauer in Kreuzberg. Ein großes Panoramafoto aus den 80er-Jahren zeigt das Gebiet zwischen Sebastianstraße, dem heutigen Alfred-Döblin-Platz, Dresdner und Luckauer Straße. Auf dem Bild ist sehr gut zu erkennen, wie die Mauer einst die Stadt zerschnitten hat. Es ist aber auch deshalb ein Zeitdokument, weil die Gegend heute völlig anders aussieht.
Den Menschen einen Blick auf die Zeit der Teilung will Yadegar Asisi mit solchen Großaufnahmen vermitteln. Einschließlich entsprechenden Erklärungen. Das finde großen Anklang, erklärte Alexander Richter vom Büro Asisi am 14. April im Kulturausschuss. Bis zu 1000 Menschen kämen jeden Tag in das Rondell. Es interessiere Schulklassen ebenso wie Besuchergruppen des Auswärtigen Amtes oder des Goethe-Instituts. Selbst US-First Lady Michelle Obama war schon da.
Trotzdem hatte der Auftritt im Ausschuss natürlich einen Grund. Das Panorama möchte weg vom Checkpoint Charlie und hätte gerne einen anderen Standort, bevorzugt in Kreuzberg, sagt Alexander Richter. Nicht nur weil dort die Großaufnahme entstanden ist. Die Mauerzeiten hätten die Grundlage für das gelegt, was Kreuzberg heute noch ist, meinte er. Der Anspruch von Asisi passe deshalb viel besser in den Bezirk, als an den heutigen Touristenhotspot rund um den einstigen Grenzübergang. Denn er verstehe sich nicht zuletzt als Bildungsangebot.
Zwischen diesen emotionalen Ausführungen wurde dann allerdings die Hauptursache für den Vorstoß deutlich. Das Projekt scheint zu befürchten, dass es über kurz oder lang seinen Standort verlassen muss. Er befindet sich an der Zimmerstraße, auf einem Grundstück, das bereits zum Bezirk Mitte gehört. Aber dort ist irgendwann damit zu rechnen, dass das Gelände bebaut wird. Ganz aktuell sei diese Frage zwar nicht, meinte Alexander Richter. Er nannte aber dann den Zeitraum von etwa einem Jahr, in dem sich das ändern könnte.
Deshalb hofft Asisi auf Unterstützung bei der Grundstückssuche. Sollte es mit der "Rückkehr der Rotunde" nach Kreuzberg nicht klappen, könnte man sich gegebenenfalls auch mit einer Fläche in Friedrichshain anfreunden. Sie müsste sich aber auch dort in der Nähe der ehemaligen Grenze befinden.
Das Anliegen zu erfüllen, ist allerdings auch bei noch so großem Wohlwollen nicht so einfach. Denn auch in Friedrichshain-Kreuzberg sind freie Grundstücke inzwischen rar. Und wo es sie noch gibt, wecken sie meist Begehrlichkeiten von Großinvestoren. Auch wenn Kulturstadträtin Jana Borkamp (Bündnis 90/Grüne) durchblicken ließ, dass ihr das eine oder andere Areal noch einfallen würde. Vielleicht dachte sie dabei an das Behala-Gelände an der Schillingbrücke, das nach dem Rückzug des ursprünglichen Kaufinteressenten wieder im Angebot ist. Dort gibt es aber weiter Probleme wegen eines benachbarten Seveso II-Betriebs.
Nicht nur der Vorstoß von Asisi scheint dafür zu sorgen, dass die Kulturpolitiker künftig ihre Interessen bei Neubauprojekten deutlicher zum Ausdruck bringen wollen. So wie man schon bisher einen Investor zum Bau von Kitas, Grünflächen oder bezahlbaren Wohnungen zu verpflichten versucht, müsse das auch für Kulturprojekte gelten, war der Tenor im Ausschuss.
Zumal dessen Mitglieder auch mit anderen Wünschen in dieser Richtung konfrontiert werden: Etwa in der gleichen Sitzung vom Atelierbeauftragten Florian Schmidt, der dringend Arbeitsräume für Künstler sucht. Einige davon sollen jetzt in der Hector-Petersen-Schule eingerichtet werden.
Autor:Thomas Frey aus Friedrichshain |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.