Wunderkammer voller Spielzeuge
Nikolaikirche zeigt "Delirious Toys" von Mark Dion
Für seine bunte Spielzeug-Installation „Delirious Toys“ hat Mark Dion 700 Objekte aus der Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin in Szene gesetzt. Inspiriert hat den Objektkünstler sein sechsjähriger Sohn. Zu sehen ist die Spielzeug-Wunderkammer in der Nikolaikirche.
Ein Labyrinth aus Brettspielen mitten in der Nikolaikirche. Tiere, die eine Pyramide erklimmen, Batman, der gegen einen Dinosaurier kämpft, Pferdewagen und super schnelle Autos, die sich auf einem Rundkurs ein Rennen liefern. Mit „Delirious Toys" hat der US-amerikanische Sammler, Objekt- und Installationskünstler Mark Dion eine wahre Spielzeug-Wunderkammer gebaut. Entgegen üblicher streng strukturierter Ausstellungen geht es bei Dion bunt durcheinander. Kleine und große Spielzeuge, Spielzeuge aus unterschiedlichen Materialien und aus verschiedenen Zeiten stehen nebeneinander und beflügeln fantastische Geschichten. „Dinosaurier leben neben Astronauten, Fuhrwerke aus dem 19. Jahrhundert fahren neben Superhelden-Autos. Diese Freiheit des Spielens hat viele meiner kuratorischen Entscheidungen beeinflusst“, erklärt Mark Dion.
Inspiriert hat ihn zu dem gewollten Durcheinander sein sechsjähriger Sohn. „Die Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin ist riesig und umfasst mechanisches Spielzeug, Puppen, Brettspiele, Modelleisenbahnen, Zinnsoldaten, Plüschtiere, Puppenhäuser und vieles mehr. Wie kann man sich auf diese riesigen Bestände einen Reim machen?“ Da er eher Künstler als Historiker sei, nahm er sich seinen Sohn zum Vorbild, „der ohne Rücksicht auf bestimmte Kategorien mit Spielzeug spielt“.
Die 700 Spielzeuge in der Ausstellung stammen aus der Spielzeugsammlung des Stadtmuseums Berlin. Mark Dion recherchierte monatelang im Depot, um sie auszuwählen. Denn die Museums-Sammlung hat ganze 70 000 Objekte. Sie zählt damit zu den größten Deutschlands und umfasst die Zeit vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Puppen, Plüschtiere und Spielfiguren, Bauklötze, Kaufmannsläden, Gesellschaftsspiele und Lehrmaterialien gehören ebenso dazu wie Dampfmaschinen, Modelleisenbahnen und ferngesteuerten Spielzeugautos. Seine Auswahl hat der Künstler über acht Stationen in der Kirche verteilt und die Spielzeuge auf ganz unterschiedliche Weise inszeniert.
Neben dieser Freude am Spielerischen geht Mark Dion auch der Frage nach, wie gewaltvoll, diskriminierend und sexistisch Spielzeug sein kann. Denn Spielzeug, das ja Erwachsene für Kinder gestaltet haben, transportieren immer auch zeittypische Ideale vom Menschen und der jeweiligen Gesellschaft. Mark Dion, der sich seit den 1980er Jahren damit beschäftigt, wie Wissen produziert und in Museen vermittelt werden kann, hat dabei immer einen besonders wachen Blick für Systeme von Ausbeutung und Unterdrückung. Seine aktuelle Ausstellung hat er daher um eine Kriegslandschaft und einen „Giftschrank“ mit „toxischem“ Spielzeug ergänzt. „When toys go bad" heißt diese Station.
„Mark Dion. Delirious Toys/Die Berliner Spielzeug-Wunderkammer“ ist noch bis zum 11. Februar 2024 im Museum Nikolaikirche am Nikolaikirchplatz zu sehen. Geöffnet ist die Wunderkammer täglich von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet inklusive Begleitbroschüre sieben, ermäßigt vier Euro. Bis 18 Jahre ist der Eintritt frei. Junior-Kuratoren aus der Klasse 9a (heute 10a) des Gymnasiums Tiergarten komplettieren Dions Schau mit einem eigenen Projekt.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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