Historische Friedhöfe in Berlin
Sonnenbad, Picknick und Hundetraining auf Gräbern?
In Berlin gibt es einige Friedhöfe, auf denen keine Bestattungen mehr stattfinden, die aber zahlreiche Grabstätten enthalten, die von historischer Bedeutung sind. Zwei der bedeutendsten Friedhöfe sind dabei in Berlin der Invalidenfriedhof in der Scharnhorststr. 9 und der Garnisionfriedhof in der Kleinen Rosenthaler Straße 3. Ein weiteres Beispiel auch der Friedhof an der Parochialkirche, der aber scheinbar weniger "heimgesucht" wird.
Der Invalidenfriedhof wurde 1748 angelegt. Der Garnisionfriedhof ab 1702. Beide Friedhöfe zeichnen sich damit aus, dass auf ihnen bekannte Persönlichkeiten beigesetzt sind. Es sind mit die ältesten, in Berlin erhaltenen Friedhöfe. Wenn Sie die Namen auf den Grabsteinen lesen, werden Ihnen zahlreiche Persönlichkeiten aus der preußischen Geschichte auffallen. Auf dem Invalidenfriedhof ist es z.B. von Scharnhorst, ein General der Befreiungskriege gegen Napoleon, der dort ein Ehrengrab des Landes Berlin hat. Der Invalidenfriedhof wurde durchschnitten von der Berliner Mauer, die Grenzanlagen zerstörten einen Teil des Friedhofs. Auf beiden Friedhöfen sind zahlreiche Grabstätten eingeebnet. Auch gibt es Massenbegräbnisse von Opfern des 2. Weltkrieges.
Diese Friedhöfe gehören zu unserem geschichtlichen Erbe, sind denkmalgeschützt. Es sind, auch wenn keine neuen Bestattungen mehr stattfinden Orte, an denen Menschen begraben sind. Dem entsprechend wird auch ein entsprechendes Verhalten erwartet. Wie man sich auf einem Friedhof verhält, dürfte normalerweise jedem bekannt sein. Oder?
Nach Besuchen auf diesen Friedhöfen bin ich mir da nicht mehr so sicher, dass jedem diese Verhaltensregeln bekannt sind. Bei meinen Besuchen auf den beiden erstgenannten Friedhöfen sah ich Leute dort zwischen den Gräbern liegen, Sonnenbad machen. Leicht oder sehr wenig bekleidet lagen sie auf den Rasenflächen zwischen den Grabsteinen. Hundehalter trainierten ihre Hunde und gingen mit diesen da Gassi. Ich sah ballspielende Kinder, Radfahrer, die zwischen Gräbern fuhren, ihr Fahrrad an Grabsteine lehnten. Auf einem noch aktiven Friedhof sah ich gestern ein Liebespaar zwischen den Gräbern. Auf einem anderen Friedhof in Neukölln verkotete, vermüllte Grabstätten, Drogensüchtige und Obdachlose. Ich sehe Grabsteine, Grüfte, Mausoleen mit Schmierereien. Beschmierte Friedhofsmauern.
Manchmal spreche ich diese Leute - in der Regel sind sie wesentlich jünger als ich - auch an. Die Reaktionen sind von völligem Unverständnis zeugend. Gern werde ich dann von den Leuten ausgelacht, manchmal auch beleidigt oder bedroht. Wenn man weiß, dass z.B. auf dem Garnisionfriedhof von einst 489 Grabstätten nur noch 180 vorhanden sind, dann muß jedem klar sein, dass er gerade in Badehose oder Bikini sich auf Grabstätten sonnt, sein Picknick oder Schläfchen macht.
Friedhöfe sind Geschichtsbücher. Sie erzählen von Bestattungskultur, von Geschichte. Gerade auch in Berlin gibt es viele Massengräber für Opfer des Krieges unter der Zivilbevölkerung auf diesen Friedhöfen.
Nun könnte ich schreiben, dass ich ein anderes Verhalten der Besucher erwarte. Woher kommt diese mangelnde Pietät? Dieser Mangel an Respekt vor Grabstätten, dem immateriellen Friedhofserbe? Vor Denkmalen, die zu Ehren von Verstorbenen errichtet wurden?
Ich habe kein Verständnis für dieses Verhalten. Historische Friedhöfe sind Gedenkstätten. Wer so wenig Achtung vor den Toten hat, wie wenig Achtung ist dann vor den Lebenden, z.B. Hinterbliebenen die dort ihre Angehörigen besuchen, noch vorhanden?
Erwarten kann man in Berlin viel. Nur bekommt man es nicht. Diverse Schilder an den Friedhöfen von den Friedhofsverwaltungen zeugen davon, dass man vieles schon erlebt hat.
Wer setzt diese elementaren Verhaltensregeln durch? Wo sind Ordnungsämter, Friedhofsaufsichten? Parkdienste mit der Kompetenz, Regelungen durchzusetzen. Ab und an rufe ich dann bei den Ordnungsämtern an und erfahre recht häufig, wir haben keine Streife zur Verfügung, die wir schicken könnten. Die Verhältnisse auf den Friedhöfen sind den Verantwortlichen bekannt. Doch was unternehmen diese?
Autor:Jörg Simon aus Mitte |
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