In Mitte gewohnt – im Wedding begraben
Über den Tuba-Erfinder Wilhelm Wieprecht

Die Tuba ist von den Landesmusikräten zum Instrument des Jahres 2024 gewählt worden, was seinen Niederschlag in vielen Medienberichten gefunden hat. Bekannt ist auch, dass sein „Erfinder“ der Militärmusiker Wilhelm Wieprecht war, dem ein satt und tief klingendes Blasinstrument für seine Militärkapelle gefehlt hatte. Dass mit dieser Wahl das Interesse für die Tuba geweckt werden soll: nachvollziehbar. Aber wie steht es um ihren Schöpfer – was wissen wir über seine Person, wo hat er gewohnt und wo ist er begraben?

Genau diese Fragen hat auch den Pankower Journalisten und Stadthistoriker Michael Hinze nicht losgelassen. Also startete er seine Suche in digitalisierten Adressbüchern und Archiven, denn „einfach bei Wikipedia oder in der Presse nachzuschauen, hat keine befriedigende Antwort“ ergeben, auch wenn dort ja vieles zum Leben des deutschen Komponisten, Dirigenten und Arrangeurs zu lesen sei. Dabei haben die Nachforschungen eben mehr als die schon bekannte Tatsache ergeben, dass der Radio-Eins- und Abendschau-Moderator Volker Wieprecht ein direkter Nachkomme des bedeutenden Reformers der Militärmusik ist.

Erwähnt wird Wieprecht – und wir reden jetzt nur noch von dem am 10. August 1802 in Aschersleben geborenen Musikersohn Wilhelm – erstmals zwei Jahre nach seiner Übersiedlung nach Berlin in der Ausgabe des „Allgemeinen Wohnungsanzeigers für Berlin und dessen nächste Umgebungen mit Einschluß von Charlottenburg“ für 1829: „Wieprecht, W., Kammermusicus, Markgrafenstraße 23“, also unweit des alten Kammergerichts, des heutigen Jüdischen Museums.

Begonnen hatte aber alles noch im Anhaltinischen, wo der junge Wieprecht schon bald Musikunterricht von seinem Vater erhielt, der dort Stadtmusikant war und die Begabung seines Sohnes erkannt hatte. Nach Stationen in Ballenstedt, Leipzig und Dresden, wo er Kontakt mit Carl-Maria von Weber aufnehmen konnte, wurde er 1824 Kammermusiker in Berlin.

Auftrag zur Reform des Musikkorps
der Leibwache des Königs

1829 erteilte der preußische König Friedrich Wilhelm III. dem noch jungen Musiker den Auftrag zur Reform des Musikkorps der Leibwache. Es wird die Zeit werden, in der er neben der Ausbildung von Trompetern zusammen mit dem Berliner Hofinstrumentenbauer Johann Gottfried Moritz die Basstuba entwickelt: Sie wird 1835 patentiert.

Hätte er geahnt, dass diese einmal zum Instrument des Jahres avancieren würde, er hätte dies vielleicht als seinen größten beruflichen Erfolg gewertet. So aber dürfte er selbst seine Ernennung zum Direktor aller Musikkapellen des Garde-Korps 1839 als Höhepunkt erlebt haben.

In seinem letzten Eintrag im „Allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Adreß- und Geschäftshandbuch für Berlin, dessen Umgebungen und Charlottenburg“, in der Ausgabe von 1872, seinem Sterbejahr, heißt es: „Wieprecht, W., Director der gesammten Musikchöre der Gardecorps, R (d. h. „Ritter“), Behrenstraße 27, III, 3-­4" (letzte Zahlen geben die Sprechstunden an).

Grabstätte wurde eingeebnet

Beigesetzt wurde Wieprecht am 7. August 1872 um 10 Uhr vormittags auf dem 1843 eröffneten Neuen Dorotheenstädtischen Friedhof, dem heutigen Dorotheenstädtischer Friedhof II , an der Liesenstraße 9 im Wedding, wo unter anderem die bedeutendsten Berliner Zirkusfamilien Busch, Renz und Schumann ihre Grabanlagen haben und sich die Grabstellen von Kaffeehaus-Gründer Georg Kranzler und die des Dom-Architekten Julius Carl Raschdorff befinden. Während der Zeit der Berliner Mauer gehörte die dem Friedhof gegenüberliegende Straßenseite übrigens zum DDR-Grenzgebiet.

Wer nun das Grab des Vaters der Tube selbst in Augenschein nehmen möchte, wird allerdings enttäuscht, wurde es doch bereits vor 100 Jahren, 1923, sang- und klanglos eingeebnet. So bleibt Interessierten nur, dies im Buch über Grabstätten bekannter und berühmter Persönlichkeiten in Gross-Berlin und Potsdam mit Umgebung. II. Teil von 1952 nachzulesen. Oder folgt Hinzes Rat: „Ein Spaziergang über besagten Friedhof aber lohnt trotz allem.“

Autor:

Uwe Lemm aus Mahlsdorf

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