Wann und warum erhielt die Mohrenstraße ihren Namen

von Bodo Berwald

Die Straßen der Friedrichstadt zwischen Kronen- und Jägerstraße, darunter die Mohrenstraße, wurden ab 1688 auf dem Gelände der dort bestehenden kurfürstlichen Gärten und des Vorwerks errichtet. Sie erhielten im Jahre 1706 ihre Namen. Damals besaß Preußen den befestigten Handelsstützpunkt Großfriedrichsburg auf dem kleinen Berg „Manfro“ an der Westküste Afrikas (heute Ghana). Rechtsgrundlage waren mehrere mit afrikanischen „Cabuciren“ abgeschlossene Verträge. Offizielle Dokumente des preußischen Hofes oder des Magistrats über den Namensgeber der Mohrenstraße sind nicht bekannt. Es gibt mehrere Vermutungen.

Eine weit verbreitete Vermutung, dass die Straße nach den 12 „Mohrenknaben“ be-nannt wurde, die der preußische König nach dem Verkauf von Großfriedrichsburg erhielt, ist schon bei Betrachtung der gesicherten Daten nicht haltbar. Die Straße wurde offiziell 1706 benannt. Der Verkauf der Niederlassung erfolgte Ende 1717. Er war erst 1724 mit der tatsächlichen Inbesitznahme durch die Niederländer vollzogen.

Es gibt auch keine historischen Belege für eine weitere Vermutung dass die damals vereinzelt an brandenburgischen bzw. preußischen Höfen arbeitenden Afrikaner Namensgeber der Straße gewesen sein könnten. Bekannt sind Friedrich de Coussy (wurde 1681-87 zum Kunstmaler ausgebildet), Ludwig Besemann (1683 als Heeres-pauker angelernt, avancierte 1685 zum "Heer-Pauker erster Klasse") und Friedrich Wilhelm (seit 1686 Lakai, später Kammerdiener und ab 1706 Besitzer einer „Bude“ vor dem Spandauer Tor). Die Historikerin Dr. Kuhlmann-Smirnov schätzt, dass an den Höfen insgesamt 25 bis 40 Afrikaner (Mohren) präsent waren. Berufsbezeichnungen, sozialer Status und Entlohnung entsprachen denen weißer Bediensteter. Der Begriff „Hofmohr“ ist als offizieller Terminus in Deutschland erstmals 1747 belegt.

Auf Afrika spezialisierte Historiker präferieren nach ihren Quellenstudien die Erklä-rung, dass die Mohrenstraße nach Verbündeten Preußens in Westafrika benannt wurde. Zwischen 1700 und 1708 konnte Großfriedrichsburg nicht durch preußische Schiffe versorgt werden. Die Besatzung der Feste sank - insbesondere durch klima-bedingte Erkrankungen und Todesfälle - auf sieben dienstfähige Preußen. Um nicht von den in der Region dominierenden Niederländern vertrieben zu werden waren die Preußen auf Unterstützung der regionalen Herrscher angewiesen. Nach historischen Quellen soll der afrikanische Fürst Jan Cuny dort eine Armee von bis zu 15.000 Mann befehligt haben. Das Vorstehende ist erstens ein einleuchtendes Motiv, die für Preußen wichtigen afrikanischen Verbündeten im Jahre 1706 mit einem Straßenna-men in der neu entstandenen Friedrichstadt zu ehren. Zweitens ist der Straßenname nach Recherchen des Historikers und Afrikaspezialisten Prof. Dr. Dr. Dr. van der Heyden inoffiziell bereits 1684 durch den Berliner Volksmund geprägt worden. An-lass war der Besuch einer diplomatischen afrikanischen Delegation beim branden-burgischen Kurfürsten. „Mohr“ war damals in der deutschen Sprache neben „Maure“ die einzige und wertfreie Herkunftsbezeichnung für Menschen außerhalb Europas.

Autor:

Bodo Berwald aus Mitte

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