Christiane Richter engagiert sich seit 50 Jahren
In 60 Berliner Schulen sind 275 Seniorpartner aktiv. Sie schlichten Streit zwischen Schülern, beraten bei Mobbing, sind Vertrauenspersonen. Ihr Alter sei dabei ein großes Plus, sagt Christiane Richter: "Die Kommunikation zwischen Großeltern- und Enkelgeneration ist unkompliziert."
Geboren wurde sie 1936 in Lichtenrade. Als ihr Vater arbeitslos wurde, zog die Familie nach Magdeburg, später nach Demmin in Mecklenburg-Vorpommern. Dort erlebte die neunjährige Christiane Furchtbares. Russische Soldaten vergewaltigten drei Tage lang die Frauen im Ort. "Viele haben das nicht ertragen, es kam zu einem Massenselbstmord. Ich habe die Leichen im Fluss gesehen", erzählt Richter.
In letzter Minute fand sie mit Mutter und Großmutter Unterschlupf bei einem Arzt. In den angstvollen Stunden des Wartens habe sie zum ersten Mal gefühlt, dass sie ein "Kümmergen" besitze.
Nach einer kaufmännischen Ausbildung wurde sie Sozialarbeiterin. Ein Praktikum führte sie zurück nach Berlin. "Eigentlich sollte es nur für ein Jahr sein", sagt Christiane Richter. Doch sie blieb, bis heute wohnt sie in Neukölln. Im Bezirksamt fand sie schnell eine Stelle.
Christiane Richter heiratete, bekam Kinder, engagierte sich im Kirchengemeinderat, wurde Elternvertreterin in der Schule ihrer Kinder. "So konnte ich meine Sozialarbeiterkompetenzen ausleben", sagt sie. Als sie 1984 ins Bezirksamt zurückkehrte, ging sie an eine Schule, wo gescheiterten Zehntklässlern eine letzte Chance auf einen Abschluss gegeben wurde.
Keine einfache Aufgabe: "Ich hatte mit vielen gebrochenen Charakteren zu tun und musste schauen, wen von ihnen ich überhaupt noch erreichen konnte." Schließlich wurde Christiane Richter auch politisch aktiv, trat in die SPD ein, saß als Bezirksverordnete in Ausschüssen für Jugendhilfe und Schulen.
Beruflich wechselte sie nach dem Mauerfall ins Treptower Sozialamt und baute den Bereich Sozialarbeit auf. "Schuldnerberatung, Zufluchtswohnungen, das gab es Anfang der 90er-Jahre dort nicht", erinnert sie sich.
Als sie 1999 pensioniert wurde, wollte sie am Ball bleiben. Beinahe hätte sie sogar eine Doktorarbeit geschrieben. Warum engagieren sich ältere Leute, die viel Zeit haben, weniger als zuvor? Das war die Frage, die sie beschäftigte. Aus der Doktorarbeit wurde nichts, denn inzwischen war nämlich die Idee für die "Seniorpartner in School" geboren, und Christiane Richter hatte alle Hände voll zu tun.
Sie baute den Verein auf, zunächst in Berlin, später in anderen Städten. Bis 2011 war sie die Bundesvorsitzende. Was wünscht sie sich für die Zukunft? "Einen Millionär, der unsere Finanzierung sichert", sagt sie. Momentan kommen Mittel von der Lottostiftung, 2016 müsse man weitersehen. "Ich würde meine Zeit gerne mehr den Arbeitsinhalten widmen als dem Geld", sagt sie.
Autor:Susanne Schilp aus Neukölln |
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