„Wir gehen dorthin, wo es knirscht“
Der wirBerlin-Initiatorin Beate Ernst wurde kürzlich das Bundesverdienstkreuz verliehen
Seit 13 Jahren setzt sich Beate Ernst ehrenamtlich für ein saubereres und schöneres Berlin ein. Die Gründerin der Umweltinitiative wirBerlin ist kürzlich für ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.
Hier draußen im Südwesten sieht Berlin ganz schnieke aus. Vor den Reihenhäusern stehen die Mülltonnen zur Abholung bereit, Dreck ist kaum zu sehen. Im ruhigen Kiez am Fischtalpark in Zehlendorf wohnt Beate Ernst mit ihrem Mann in der bald 100 Jahre alten Siedlung am Fischtalgrund von Bruno Taut. So schön wie hier ist es in vielen Kiezen lange nicht. Vermüllte Gehwege und verdreckte Parks sind ein Berliner Dauerthema. Doch es sei schon besser geworden – und sauberer, glaubt Beate Ernst.
Mehr als Putzaktionen
Die frühere Studienrätin an einer Neuköllner Schule hat vor 13 Jahren eine Initiative gegen die Vermüllung der Stadt gegründet. Hervorgegangen aus den Stadtgesprächen heißt sie heute wirBerlin und ist mittlerweile eine gemeinnützige GmbH, die viel mehr macht, als Putzaktionen zu organisieren. Mit Umweltbildung an Schulen, Nachhaltigkeitsaktionen für Firmen und Workshops für andere Kommunen hält wir-Berlin das Thema Müll und Umweltschutz permanent auf der Agenda. „Das Thema, das uns 2010 angetrieben hat, ist in der Stadtgesellschaft angekommen“, sagt Beate Ernst.
Heute engagieren sich viele Tausende Aktive in Kiezinitiativen. Beim alljährlichen Clean-up-Aktionstag von wirBerlin – der nächste ist am 15. und 16. September – gibt es Hunderte Aktionen, bei denen Bürger Parks aufräumen, Plastik aus Gewässern fischen oder Zigarettenkippen einsammeln. Durch die Arbeit der Engagierten habe sich das Umweltbewusstsein der Berliner verbessert, findet Ernst. „Wir gehen dorthin, wo es knirscht“, sagt die 69-Jährige und nennt als Beispiel das Problemkind Hasenheide. WirBerlin hat versucht, mit einem Parkknigge an das Gewissen der Besucher zu appellieren. Beate Ernst glaubt, dass das auch was gebracht hat. „Der öffentliche Druck führt dazu, dass die Guten immer mehr werden“, sagt sie.
Initiativen oder Nachbarn, die sich am Wochenende zu Aufräumaktionen treffen, gab es schon immer. Beate Ernst wollte die Aufmerksamkeit auf das Sauberkeitsthema erhöhen und mit ihrer Initiative eine Plattform für stadtweite Vernetzung schaffen. „Wir waren eine echte Graswurzelbewegung“, sagt Ernst. Zu den ersten Sponsoren zählten die Berliner Bank und Berlin Chemie. Zu den Chefs hatte Ernst durch die Netzwerke ihres Mannes Dieter einen guten Draht. Der CDU-Politiker war bis 1989 Bürgermeister von Tiergarten und in den 90er-Jahren Wirtschaftsstaatssekretär unter Elmar Pieroth. Auch die Firma Wall unterstützt wirBerlin seit Jahren. Eine Verbindung, die Beate Ernst ebenfalls eingefädelt hat.
Ämter und Firmenetagen
Die Berliner Morgenpost gehört zu den Sponsoren des jährlichen Plakatwettbewerbs für Kinder. Das diesjährige Motto lautet „Natur in deiner Stadt – Wir pflanzen die Zukunft!“. Einsendeschluss ist der 2. Mai. „Für uns ist auch die Berliner Woche enorm wichtig, die unsere Sache mit vielen Berichten aus den Kiezen unterstützt“, sagt Beate Ernst. Sie selbst tingelt regelmäßig durch die Bezirksämter und Firmenetagen, um für die Sauberkeitskampagnen und Umweltbildungsprojekte Geld zu sammeln.
Beate Ernst macht das alles von Anfang an ehrenamtlich. Vier Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste der gemeinnützigen Firma wirBerlin. Die zahlreichen Projekte für Klima- und Umweltbildung wie das interaktive E-Learning-Programm „wirBOX“ sowie Kampagnen, Workshops, Veranstaltungen und das neue „Green Fluencer*innen-Magazin“ sind nur mit Sponsoren möglich oder werden über bestimmte Fördertöpfe finanziert. Ein wichtiger Partner – vor allem bei den Putzaktionen – ist natürlich auch die BSR.
Ohne Basisförderung
Was Beate Ernst ärgert, ist, dass ihre Initiative bis heute keine institutionelle Förderung vom Land bekommt. Sie saß bei allen Regierenden Bürgermeistern „auf dem Schoß“, wie Ernst sagt, um eine Basisförderung für ihre wichtige Arbeit zu erhalten. „Wir haben bis heute keine finanzielle Unterstützung des Senats bekommen“, so Ernst. Beim wahrscheinlich neuen Rathauschef Kai Wegner (CDU) will Beate Ernst als Erstes erneut eine regelmäßige Finanzierung einfordern.
Dass ihre Initiative auch nach 13 Jahren keine bekommt, „ist unbegreiflich, weil wir ein wichtiges Bindeglied zwischen Politik, Wirtschaft und Bürgerm sind“. Die wirBerlin-Chefin gibt nicht auf, für ihre saubere Sache zu trommeln. „Ich bin stolz auf das, was wir bisher geschafft haben, und auf die vielen Berliner und Berlinerinnen, die das mittragen“.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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