Der Gießer vom Dienst
Ingo Trommer überwacht das Wasserpumpwerk Tiergarten

Überwacht die Wassertankanlage: Ingo Trommer arbeitet seit 23 Jahren im Pumpwerk Tiergarten.  | Foto:  Ulrike Kiefert
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Ingo Trommer hat einen Auftrag. Er kümmert sich um das durstende Grün in Berlins ältestem Park. Sein Arbeitsplatz ist das Pumpwerk Tiergarten.

So leise ist es bei Ingo Trommer auf der Arbeit normalerweise nicht. „Die Große ist so laut wie ein Düsenjet, da brauchen Sie Kopfhörer.“ Um es zu beweisen, läuft er zum Schaltschrank, drückt einen Knopf und wartet. Dumpfes Grollen steigt aus dem Keller hoch, und wie von Zauberhand fangen die Pumpen zu lärmen an. Kurz vor dem Hörsturz schaltet Trommer wieder ab. Die hochbetagten Damen werden dieses Jahr nicht mehr gebraucht. Arbeitslos ist Ingo Trommer deshalb aber nicht. „Wir machen jetzt alles winterfest.“ Was das konkret heißt, erklärt er später.

Erstmal will er von seiner wichtigsten Aufgabe erzählen, und die hat viel mit Wasser zu tun. Ingo Trommer ist der stellvertretende Leiter des Pumpwerks Tiergarten und das läuft im Sommer zur Bestform auf. Denn immer dann, wenn draußen alles schwitzt, muss die verborgene Wassertankanlage ran. Die wässert das durstende Grün in Berlins ältester Parkanlage, dem Großen Tiergarten. Denn der hat, was viele Berliner nicht wissen, ein eigenes Bewässerungssystem. Oder hat da einer schon mal jemanden mit der Gießkanne rumrennen sehn? Ingo Trommer lacht. „Das ist kein kleiner Garten, um den wir uns da kümmern.“ Die 210 Hektar übernehmen Profis, genauer gesagt das Pumpwerk am Katharina-Heinroth-Ufer. An die 1000 Kubikmeter Wasser pro Stunde saugen die vier Pumpen bei vollem Einsatz aus dem Landwehrkanal hoch und verteilen es in 60 Kilometer lange unterirdische Leitungen bis zu den knapp 1000 Hydranten im Großen Tiergarten. An den Entnahmestellen schließen die Bezirksgärtner die Sprenger an und erfrischen Bäume, Wiesen, Blumenbeete und Sträucher. Im Pumpwerk wird das Ganze überwacht und gesteuert. „Die Gärtner rufen täglich durch, wie viel Wasser sie ungefähr brauchen“, erklärt Trommer. „Wir regeln dann von hier aus den Wasserdruck.“ Was vorsichtig passieren muss, denn die alte Rohrleitungen reagieren sensibel auf Druckschwankungen. Und auch die Pumpen haben schon einige Jahre auf dem Buckel, zwei stammen von 1934, eine von 1935 und die jüngste von 1975. Ingo Trommer schwört auf die alte Technik. „Neue Pumpen würden so viel Wasser gar nicht schaffen.“

Ingo Trommer regelt eine Dichtung nach. Läuft Wasser in den Schlauch, ist alles gut, denn es kühlt die Dichtung.  | Foto: Ulrike Kiefert
  • Ingo Trommer regelt eine Dichtung nach. Läuft Wasser in den Schlauch, ist alles gut, denn es kühlt die Dichtung.
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Um dem Landwehrkanal das kühle Nass abzuschöpfen, brauchen die Gießer vom Dienst eine Genehmigung vom Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Berlin. Bevor das Kanalwasser in die Pumpen läuft, werden die Inhaltsstoffe in einem Absetzbecken (Schlammsammler) mit direktem Zulauf zum Kanal sedimentiert. Rund 80 Kubikmeter Wasser hält das Becken vor, so viel wie in einer Schwimmhalle. Vom „Bunker“ unter der Erde zieht eine Vakuumanlage das Wasser in die Pumpen. Vorher wird es noch zwei Mal gesiebt, damit Blätter, Schmutz und Unrat nicht die Technik verstopfen. Plastikflaschen, Portemonnaies, Ausweise, ja selbst Drogenbestecke haben Ingo Trommer und sein Team schon aus den Sieben gefischt. Wie viel Wasser der Große Tiergarten braucht, hängt vom Wetter ab. In diesem Jahr waren es rund 400 000 Kubikmeter und damit deutlich weniger als in den Dürrejahren. Dann fließen schon mal über eine Million Kubikmeter raus. Im Pumpwerk, wo der Arbeitstag morgens um sechs mit dem Säubern der Siebe und dem Hochfahren der Pumpen beginnt, herrscht bei Hitze Hochbetrieb. Um Wasser und Kosten zu sparen, gilt es, die vier Pumpen gezielt einzusetzen und zu überwachen.

Ohne die vier Pumpen läuft hier gar nichts.  | Foto: Ulrike Kiefert
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In Mitte mit seinen insgesamt rund 700 Hektar Stadtgrün hat der Tiergarten den höchsten Wasserbedarf und damit Pflegestufe 1. Und er ist der kostenintensivste Park. Während der Große Tiergarten zwischen Potsdamer Platz, Regierungsviertel, Brandenburger Tor und Bahnhof Zoo über das Pumpwerk versorgt wird, bekommt der Kleine Tiergarten sein Gießwasser über die Stadtwasseranschlüsse der Wasserbetriebe. Im Parlaments- und Regierungsviertel werden die Grünanlagen über automatische Beregnungsanlagen bewässert. Das Wasser kommt dort aus der Spree. Andere versorgen Tiefbrunnen, wie etwa den Schillerpark. Wo es keine Anschlüsse gibt, fahren Wasserwagen raus. Wobei das Grünflächenamt in heißen Sommern nicht alles schafft, wegen der Kosten und fehlenden Personals.

Im Pumpwerk Tiergarten fahren die Pumpen gegen 15 Uhr wieder runter. Für das sechsköpfige Team ist damit aber längst nicht Schluss. Weil das Pumpwerk die Zentrale für alle Grünflächen in Mitte ist, machen sich die Mitarbeiter zu Kontrollfahrten auf, reparieren und warten Leitungen, Hydranten und weggetretene Rasensprenger. „Wir sind sozusagen die Feuerwehr.“ Auch jetzt im Winter ist immer was los. Ingo Trommer muss raus in die Parks, das Wasser abstellen, die Beregnungsanlagen mit einem Hochdruckkompressor entleeren, damit die Kunststoffrohre nicht zufrieren, und die Wasseruhren ablesen. Im Großen Tiergarten müssen Schächte mit Motorpumpen geleert werden, zum Beispiel im Englischen Garten, auf der Lennéwiese oder am Glockenturm. Hinzu kommen die 1000 Hydranten, die alle aufgedreht werden müssen, damit das Wasser abfließt. Erst im Frühling werden sie wieder geschlossen. Weil viele dann aber mit Laub oder Ästen bedeckt sind, finden die Mitarbeiter nicht alle auf Anhieb. „Dann sprudeln plötzlich Wasserfontänen und die aufgeregten Leute rufen die Feuerwehr.“

Durchs Glas sieht man, ob das Wasser in die Pumpen läuft.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Und auch im Pumpwerk hat Ingo Trommer noch viel zu erledigen. Der große Kessel und das Absetzbecken müssen gereinigt werden. Ein paar Tage frei hat Trommer, der seit 23 Jahren im Pumpwerk arbeitet, erst über Weihnachten. Im Sommer kann der gelernte Installateur eher selten Urlaub nehmen. Denn in der Hochsaison müssen immer mindestens zwei Leute im Pumpwerk sein. Da macht sich dann der Personalmangel bemerkbar. Auch der wassertechnische Nachwuchs fehlt. „Wenn wir in Rente gehen, droht unser Wissen verloren zu gehen“, sagt Trommer. Denn ein Pumpwerk am Laufen zu halten, ist so einfach nicht. Mit den vier hochbetagten Damen muss man sich schon auskennen.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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