Der Marathon-Mann
Mittes Grünflächenchef Jürgen Götte ist Berlins schnellster Gärtner
Es läuft bei Jürgen Götte, und das seit über 30 Jahren im wahrsten Sinn. Über 100 Marathons ist der 60-Jährige schon gelaufen. Sein jüngster war der Metro-Marathon in Düsselsdorf am 28. April. In seiner Altersgruppe M60 wurde Götte Dritter: mit superschnellen zwei Stunden, 56 Minuten, 50 Sekunden.
Wenn Jürgen Götte abends sein Büro auf dem Gartenamtstütztpunkt im Großen Tiergarten abschließt, mit dem Fahrrad zum Hauptbahnhof radelt, es dort anschließt und mit dem Zug nach Potsdam fährt und vom Bahnhof dort mit seinem zweiten Rad zu seinem Haus in Geltow düst, beginnt sein tägliches Training. Als erstes geht's in die Laufschuhe und dann ab durch den Wald und um den Schwielowsee; mindestens zehn Kilometer, jeden Tag. Jürgen Götte ist der Marathon-Mann. In den vergangenen 30 Jahren ist er mehr als drei Mal um die Erde gelaufen. Schätzungsweise 125 000 Kilometer stecken in Göttes Beinen. Zu DDR-Zeiten, noch vor seiner Laufzeit, war der Amateurläufer vom ESV Lok Potsdam Turner. Das passt zu seiner Größe von gerade einmal 1,62 Metern. Wenn man ihn fragt, wie groß er ist, sagt er 1,98. „Ich habe mir schon sehr viel abgelaufen“, so Götte, der immer einen lustigen Spruch auf den Lippen hat.
Er ist wahrscheinlich der schnellste Gärtner Berlins, vielleicht der schnellste Deutschlands. Denn Götte ist studierter Gartenbauingenieur und Chef von Mittes Grünflächen. In seinem Job als Fachbereichsleiter Grün im Straßen- und Grünflächenamt (SGA) dirigiert er über 200 Leute; Gärtner, Schlosser oder Handwerker. Jürgen Götte ist für 600 Hektar Parks und Grünanlagen zuständig, für rund 26 000 Straßenbäume und 100 000 Parkbäume sowie für 257 Spielplätze. Götte verantwortet einen Jahresetat von 2,5 Millionen Euro.
Berlin mit Erdbeeren und Kirschen versorgt
Gleich nach der Wende fing der gebürtige Eislebener im Grünflächenamt damals noch im Bezirk Tiergarten an. Zu Ost-Zeiten hat der gelernte Gärtner und spätere Gartenbauingenieur bei der LPG Obstproduktion Marquardt bei Potsdam „die Hauptstadt der DDR und Westberlin mit Äpfeln, Erdbeeren und Kirschen versorgt“, wie Götte sagt.
Seit knapp 30 Jahren arbeitet er schon im Gartenamt. Sein Büro ist alles andere als schön oder modern. Aber es hat den Charme alter Amtsstuben aus den Siebzigern; und es liegt idyllisch in der grünen Lunge der Hauptstadt, auf dem 1934 eröffneten Gartenbauamtstützpunkt im Großen Tiergarten (Adresse: Straße des 17. Juni 31). Ob er hier auch läuft? „Nein, das mache ich nicht“, sagt Götte. Es würde gerade im Winter Sinn machen, dort bei Tageslicht seine täglichen Kilometer zu schrubben und nicht im Dunkeln abends zu Hause. „Theoretisch ginge das, ich habe ja flexible Arbeitszeiten und könnte mal eine Stunde Pause machen“, so Götte. Aber er möchte nicht, „dass meine Leute sagen, der Chef läuft durch den Park und wir müssen arbeiten“. Überhaupt hängt Jürgen Götte es nicht an die große Glocke, dass er ein absoluter Laufcrack ist. Die ihn kennen, wissen das natürlich. Hinter seinem Schreibtisch hängen auch Bilder vom New-York-Marathon und eins vom Berlin-Marathon 2004. Da ist Götte mit 45 Jahren seine schnellste Zeit gelaufen. Zwei Stunden, 39 Minuten und 56 Sekunden. Ein absolute Spitzenzeit für einen Amateurläufer. Profis, die damit ihr Geld verdienen, laufen knapp über zwei Stunden. Der aktuelle Weltrekord im Marathon liegt bei den Herren bei 2:02:57 Stunden.
20 Wettkämpfe im Jahr
Den Berliner Halbmarathon am 7. April dieses Jahres hat Jürgen Götte in seiner Altersgruppe auch gewonnen. Er ist zum Beispiel schon in London, New York, Boston, Paris und vielen deutschen Städten gelaufen. Einer seiner größten Erfolge ist der Gesamtsieg in Halle beim Mitteldeutschen Marathon. 54 Jahre alt war Götte da, als er als Erster durchs Ziel lief. Der Lauf bei extremer Hitze war mit 2 Stunden 54 nicht sein bester, aber schon deshalb ein ewiges Highlight, weil er von Marathon-Legende Waldemar Cierpinski organisiert wurde.
Deutsche Meisterschaften, Weltmeisterschaften, Cross, Bahn oder Straße. Götte läuft alles ab 5000 Meter, „etwa 20 Wettkämpfe im Jahr“, sagt er. Sein nächster Marathon ist der Berlin-Marathon am 29. September. Jürgen Götte muss sich keine Sorgen machen, ob er eine Startnummer bekommt. Läufer, die bereits zehn Mal beim SCC-Event dabei waren, haben einen Startplatz sicher. Götte ist der 1565. im Club der Berlin-Marathon-Läufer. Seine Startnummer ist beim SCC-Lauf seit Jahren die gleiche: die 1565. Und er läuft und läuft und läuft. Jürgen Götte wurde am 28. April in Düsseldorf Dritter in seiner Altersgruppe.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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