Zahl der Toten steigt
230 Menschen verstarben im Jahre 2022 an den Folgen ihres Drogenkonsums

Überbleibsel des Drogenkonsums wie gebrauchte Spritzen finden sich vielerorts in Berlin, so in Parks und an Bahnhöfen. | Foto:  Thomas Schubert
  • Überbleibsel des Drogenkonsums wie gebrauchte Spritzen finden sich vielerorts in Berlin, so in Parks und an Bahnhöfen.
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Die Zahl der Drogentoten hat sich in Berlin von 223 im Jahre 2021 auf 230 im Jahre 2022 erhöht. Auch die Notfalleinsätze wegen Alkohol- und Drogenvergiftungen sind 2023 im Vergleich zum Vorjahr angestiegen.

Das geht aus den Zahlenkolonnen von Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx hervor, die die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege aus Polizei-, Feuerwehr- oder Krankenhausstatistiken auf Anfrage des Abgeordneten Niklas Schrader (Die Linke) zum Thema „Drogentote, Überdosierungen und was kann Drug Checking bewirken?“ zusammengestellt hat. Zahlen zu Verstorbenen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln liegen für das laufende Jahr 2023 noch nicht vor.

Die meisten Drogentoten gab es 2022 in Friedrichshain-Kreuzberg (41). Im Vergleich zu 2021 (24 Tote) ist das fast eine Verdoppelung. Im Bezirk Mitte starben 35 Menschen (2021: 28). Die wenigsten Drogentoten wurden 2022 mit neun Menschen in Spandau registriert. Der Trend zeigt aber auch dort nach oben: 2021 waren es sieben Tote.

Seit 2022 hat die für Polizei und Feuerwehr zuständige Senatsinnenverwaltung auch Daten zu Intoxikationen bei Notfalleinsätzen. Mit Intoxikation wird eine akute, oft lebensbedrohliche Vergiftung bezeichnet. Die Statistik unterscheidet lediglich nach einer Intoxikation durch Alkohol, Drogen, Medikamente oder sonstige Intoxikation. Welche Substanzen konkret den Notfall ausgelöst haben, kann nicht gesagt werden. Mit weitem Abstand vorn liegen Alkoholvergiftungen, die zum Vorjahr stark angestiegen sind. 2021 haben die Retter 15 741 Fälle von Alkoholvergiftungen registriert, im laufenden Jahr 2023 sind es bis 7. August schon 10 047 Notfälle. Es folgen 4478 Intoxikationen durch Drogen 2022 (2023: 3114) und 1936 Intoxikationen durch Medikamente (2023 schon 1221 Fälle).

In den Krankenhäusern und Suchtkliniken müssen jährlich Tausende wegen „psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ stationär behandelt werden. Mit großem Abstand werden oft Aggressive wegen Verhaltensstörungen durch Alkohol eingeliefert. 2021 waren das 9166 Fälle, davon etwa ein knappes Drittel Frauen. Auf Platz zwei folgen psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide (1035 Fälle); auf Platz drei landen Gestörte durch Opioide (993).

Laut Berliner Suchthilfestatistik wurden 2020 insgesamt 21 817 Menschen in Suchthilfeeinrichtungen mit einer Hauptdiagnose nach F10-F19 behandelt und betreut. F10 steht dabei im Krankheitscode für „Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol“. Der Nummerierung bis 19 weiter folgend sind es Störungen durch Opioide, Cannabinoide, Sedativa oder Hypnotika, Kokain, andere Stimulanzien einschließlich Koffein, Halluzinogene, Tabak, flüchtige Lösungsmittel und andere psychotrope Substanzen.

Der Senat bietet seit Frühjahr mit dem Projekt Drug-Checking Erwachsenen kostenlos und anonym die Möglichkeit, auf dem Schwarzmarkt gekaufte Drogen in Speziallaboren analysieren zu lassen. Ziel ist es, Vergiftungen durch gepanschte Drogen zu verhindern und „vor besonders gesundheitsschädlichen Präparaten zu warnen und Konsumkompetenz zu fördern“, heißt es. Da man Drogenkonsum nie ganz verhindern kann, will der Staat durch das Drug-Checking so zumindest schwere Erkrankungen und Todeszahlen reduzieren. Auf der Internetseite drugchecking.berlin werden die Ergebnisse von abgegebenen Proben, die nach Analysen als besonders gefährlich eingeschätzt werden, unter der Rubrik „Warnungen“ mit Foto der Substanzen mit Szenenamen wie Google, Zelda, Punisher, Berghain oder Pikachu veröffentlicht. Während des Probebetriebes im April und Mai wurden bereits 70 Substanzen analysiert, die Konsumenten freiwillig abgegeben haben.

Ob sich die Zahl der Drogentoten durch Überdosierung, Fehldeklarierung oder Verunreinigung seit Einführung des Modellprojekts verringert hat, kann der Senat noch nicht sagen. Um die Effekte des Drug-Checkings zu untersuchen, ist laut Staatssekretär Henry Marx eine wissenschaftliche Begleitung vorgesehen. In dieser Studie sollen unter anderem die Projektakzeptanz, Beratungsbereitschaft, Wirkungs- und Verhaltenseffekte sowie Substanzeinordnungen untersucht werden.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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