Bezirk will Bauregeln verschärfen
Befragung von 5600 Haushalten in der Nördlichen Luisenstadt und im Heine-Viertel Ost
Das Bezirksamt sucht nach baurechtlichen Möglichkeiten, um im für Investoren interessanten Sanierungsgebiet Nördliche Luisenstadt verschärfte soziale Sanierungsziele festzuschreiben.
Teure Luxuswohnungen und Appartements – im Gebiet des Holzuferblocks und des westlichen und östlichen Melchiorblocks gibt es noch viel Platz für hochpreisige Edelbauten. Das Bezirksamt will eine „sozialverträgliche Quartiersentwicklung“. Für Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) steht „die Schaffung von preiswerten und von breiten Schichten der Bevölkerung nachgefragten Wohnungen im Vordergrund“. Doch um die sogenannten sozialen Sanierungsziele festzuschreiben und bei Neubauten Einfluss auf Mieten und Wohnungsgrößen zu nehmen, muss er das rechtssicher begründen.
Seit 26. Mai läuft eine große Haushaltsbefragung im Gebiet. Alle rund 1550 Haushalte im Sanierungsgebiet plus alle rund 4050 Haushalte im angrenzenden Planungsraum Heine-Viertel Ost werden gebeten, noch bis zum 23. Juni die verteilten Fragebögen auszufüllen. Die beauftragten Planungsbüros wollen Informationen über „die sozialstrukturellen Verhältnisse und zur Wohnsituation“ bekommen. Angaben über Wohndauer, Miethöhe oder durchgeführte Modernisierungen geben einen Hinweis, ob die Bevölkerung im Gebiet vor Verdrängung geschützt werden muss. Das Stadtentwicklungsamt prüft, ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine soziale Erhaltungsverordnung im Gebiet vorliegen. Mit dem Erlass eines sogenannten Milieuschutzes kann der Bezirk Bewohner vor Verdrängung schützen und unter anderem Luxusmodernisierungen oder die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen verhindern. Außerdem hat das Amt ein kommunales Vorkaufsrecht.
Sozialverträgliche Quartiersentwicklung
Ein Grobscreening von 2015 im Planungsraum Heine-Viertel Ost (zwischen Engeldamm, Heinrich-Heine-Straße, Spree und Sebastianstraße) hatte damals nicht den Verdacht bestätigt, dass die Bevölkerung geschützt werden muss. Schließlich gehören dort die meisten Häuser der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) und den Genossenschaften Berolina und Solidarität. Milieuschutz ist in Sanierungsgebieten nicht möglich. Die Ziele schließen sich eigentlich aus. Während man mit dem einen Instrument teure Investitionen eher verhindern will, steht die Aufwertung im Sanierungsgebiet im Vordergrund. Mit dem Trick der Ausweitung des Untersuchungsgebietes auf den Planungsraum Heine-Viertel Ost erhofft sich der Bezirk vor allem Erkenntnisse darüber, welchen Wohnungsbedarf es im Gebiet gibt.
Auch wenn das Heine-Viertel Ost wahrscheinlich nicht zum Milieuschutzgebiet ernannt werden wird – es gibt zwar hohen Aufwertungsdruck aber kaum Aufwertungspotenziale – sollen die Ergebnisse für verschärfte Neubauregeln im Sanierungsgebiet dienen. Der Bezirk kann Auflagen machen, was die Investoren bauen dürfen. Die alten Mieter in den Bestandsbauten des Sanierungsgebietes sind durch Sozialplanverfahren weitestgehend geschützt. Für die zukünftigen Neuen in den Neubauten gibt es bisher keine Regeln. Das soll im Sinne einer sozialverträglichen Quartiersentwicklung in der Nördlichen Luisenstadt zukünftig anders sein. Über 1000 ausgefüllte Fragebögen hat Bernd Greve vom beauftragten Planungsbüro Argus bereits nach wenigen Tagen zurückbekommen. Dass zeige das überdurchschnittlich hohe Interesse der Bewohner, dass ihr Kiez kein Reichenviertel wird.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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