Bezirk genehmigt Tafeln für Dauerausstellung zur Fußballgeschichte nicht
Bergmannstraße 107. Eine Tafel am Straßenrand informiert darüber, dass hier im Dustren Keller, einer Kneipe, 1897 der Berliner Fußballverband gegründet wurde. Der Bezirk freut sich über die 2,40 Meter hohe Tafel mit Infos und Foto. Insgesamt 40 sollen in Berlin an Orte, Ereignisse und Personen der Berliner Fußballgeschichte erinnern. "Das Projekt vom Berliner Fußball-Verband ist auch Stadtmarketing und Tourismusförderung", sagt Projektleiter Thomas Schneider. Es geht um die enorme Bedeutung des Fußballs für die Gesellschaft und um die integrative Kraft der Vereine. Gefördert wird die Fußballroute mit 180.000 Euro aus Lotto- und EU-Geldern. Klaus Wowereit hatte sich als Bürgermeister dafür stark gemacht.
Die drei Routen mit Start am Brandenburger Tor hat Schneider als Fahrradtour konzipiert. Sieben Bezirke unterstützen das Projekt. Nur Pankow und Mitte stellen sich quer. Das Bauamt genehmigt seit zwei Jahren die zehn beantragten Tafeln nicht. Auch die AG Geschichte des BVV-Kulturausschusses lehnt die Tafeln einstimmig ab. Begründung: Nicht noch mehr Schilder. "Wir können nicht die ganze Mitte vollpflastern", sagt Vera Morgenstern, Vorsitzende der Geschichts-AG. Und vor historisch bedeutenden Orten wie Brandenburger Tor oder Reichstag gehe das gar nicht. Auch deshalb nicht, weil das "oft auch Erinnerungsorte an Opfer sind", so die Begründung. Kulturstadträtin Sabine Weißler (Bündnis 90/Grüne) spricht von "Fußballverwimpelung der Stadt". "Das Brandenburger Tor ist doch nicht berühmt, weil hier die deutschen Weltmeister gefeiert wurden", so Weißler. Mitte habe zudem im Gegensatz zu anderen Bezirken sehr viele Erinnerungs- und Gedenktafeln.
"Dann kommt jeder andere Sportverband und will auch Schilder hinstellen", befürchtet Morgenstern. Deutschlands Sportart Nummer Eins präge das Leben vieler Menschen, so Schneider, der dieses Argument für "abwegig" hält.
Dass ein Schild in Gesundbrunnen vor dem Ex-Hertha-Stadion "Plumpe" oder vor der Ernst-Reuter-Oberschule, an der Fußballstars wie Weltmeister Thomas Häßler lernten, stören soll, versteht Schneider nicht. Die besondere Situation am Brandenburger Tor oder Reichstag ist ihm jedoch bewusst. Als Alternative wollen die Initiatoren an diesen und zwei weiteren Orten eine Granitplatte mit QR-Codes im Boden einlassen. Mit einem Smartphone kann man den Code scannen und wird auf die Website mit allen Infos geleitet. Zu wichtigen Ereignissen wie dem Champions League Finale will Schneider tageweise eine Tafel auf die Platte schrauben.
"Dann zimmern sich demnächst alle QR-Codes vor die Tür", winkt Weißler mit dem gleichen Argument ab. In Charlottenburg-Wilmersdorf, wo es auch zu drei Orten Bedenken gab, haben die Verantwortlichen die QR-Code-Variante genehmigt. Wie Vera Morgenstern sagt, habe das Straßen- und Grünflächenamt jetzt "vor dem Hintergrund der Zunahme von Anträgen zum Einbau von QR-Pflastersteinen" die Senatsbauverwaltung um eine Grundsatzentscheidung gebeten. Von dort heißt es auf Anfrage der Berliner Woche aber, es gebe keine Grundsatzentscheidung.
"Solche Anträge werden immer im Einzelfall entschieden werden", so Sprecherin Petra Rohland. Der Kulturausschuss will sich erst wieder mit dem Thema befassen, wenn die Senatsantwort vorliegt. "Wir eröffnen die Fußball Route am 29. Mai am Olympiastadion. Egal, ob Mitte dann dabei ist oder nicht", sagt Thomas Schneider.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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