Gegen Halbnackte mit Helm
Bezirkliche Werbejury bewertet Kampagne des Verkehrsministeriums als sexistisch
Seit Tagen steht die Fahrradhelm-Kampagne von Verkehrsminister Andreas Scheuer unter Beschuss. Vor allem SPD und Grüne werfen dem CSU-Politiker Sexismus-vor. Auch das rot-grüne Bezirksamt geht jetzt gegen die Helm-Kampagne vor.
Die bezirkliche Werbejury unter Leitung der Gleichstellungsbeauftragten Kerstin Drobick hat nach Prüfung entschieden, dass die Fahrradhelm-Kampagne mit leicht bekleideten Models „eindeutig als sexistisch zu bewerten ist“, wie Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) mitteilt. „Die gezeigte Nacktheit hat keinen Bezug zum Schutzhelm, der eigentlich beworben werden soll“, heißt es in dem Urteil.
In Scheuers Kampagne, die auch in Mitte auf Großwerbewänden und an BVG-Haltestellen läuft, räkeln sich Models mit Fahrradhelmen in Unterwäsche unter anderem im Bett. Die Kampagne trägt den Titel „Looks like shit. But saves my life". Mit dem lockeren Spruch – auf Deutsch: „Sieht scheiße aus, aber rettet mein Leben“ – sollen vor allem junge Leute zum Tragen eines Helms animiert werden. Nackte Haut erregt immer Aufmerksamkeit, wissen Werbeprofis. Und wegen der massiven Diskussionen vor allem in sozialen Netzwerken hat wohl jeder mitbekommen, worum es geht. CSU-Minister Scheuer freut sich über die Aufregung. Sein Ziel, mit der Kampagne aufzurütteln und zu polarisieren, hat er erreicht.
Im Bezirk Mitte gibt es seit über einem Jahr eine Werbejury, die nach einem Kriterienkatalog prüft, ob eine Werbung sexistisch und/oder diskriminierend ist. Bisher war sie aufgrund einer Bürgerbeschwerde nur einmal zusammengekommen. Anfang 2018 hat die Jury entschieden, dass die Dildoking-Werbung nicht sexistisch ist. Das Logo des Sextoy-Versandhandels zeigt drei erigierte Penisse, die eine dreizackige Krone symbolisieren. Über die Helm-Kampagne #helmerettenleben gab es bisher keine Beschwerden. Sie verstoße aber gegen zwei der zehn Punkte aus dem bezirklichen Kriterienkatalog, so die Jury. „Personen, die in rein sexualisierter Funktion als Blickfang dargestellt werden“ ist eins. Sexistisch sind auch „bildliche Darstellungen von nackten Körpern ohne direkten inhaltlichen Zusammenhang zum beworbenen Produkt“. Das Bezirksamt will, dass die Senatsverkehrsverwaltung prüft, „ob Sexismus auf öffentlich verwalteten Werbeflächen stattfinden sollte“, so Stephan von Dassel. Meldungen an die Werbejury unter http://t1p.de/wv50.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.