Bürgermeister fordert vom Senat ein Umsteuern in der Personalpolitik
Man merkt es an den teilweise ungepflegten Grünanlagen und den langen Schlangen in den Bürgerämtern: Es fehlt schlichtweg an Mitarbeitern in den Ämtern. Der Service am Bürger leidet in jeder Hinsicht. Rathauschef Hanke fordert "ein sofortiges Umsteuern in der Personalpolitik der Bezirke". "Sie muss den aktuellen Bedingungen angepasst werden", betont er.
Und die können sich nur noch mehr verschlechtern, wenn es beim Beschluss des Senats bleibt, bis 2016 die Zahl der Beschäftigten in den Bezirken auf 20 000 Mitarbeiter zu senken. Für Christian Hanke ohnehin "eine politische Entscheidung" - und zu pauschal: Die Einwohnerzahl des Bezirks gab vor, wie viele Mitarbeiter einzusparen sind. Dabei sind die Anforderungen in jedem Bezirk anders.
Mitte muss 1400 Vollzeitstellen streichen. Seit 2007 hat der Bezirk "massiv" Personal abgebaut: 1400 oder 17,2 Prozent der Stellen. "Wir stehen damit an der Spitze aller zwölf Bezirke", so der Bürgermeister. Am Ende dürfen es nur noch 1900 Mitarbeiter sein. Die Lage verschärft sich, weil gleichzeitig Verwaltungsmitarbeiter in den Ruhestand treten - bis 2018 berlinweit rund 25.000 Beschäftigte, in Mitte bis 2020 rund 480 Mitarbeiter oder 26 Prozent. Oder sie wandern in andere Bundesländer beziehungsweise zu Bundesbehörden ab, von denen es in der Stadt reichlich gibt. Dort sind Besoldung und Gehälter besser. Der Arbeitsdruck auf die verbliebenen Mitarbeiter steigt. Die Folge: Die Beschäftigten im Bezirk Mitte sind im Durchschnitt 38 Tage im Jahr krank.
Zudem wächst die Stadt. Im Demografiebericht 2011 bis 2030 des Senats war ein Anstieg der Bevölkerung um 254 000 Einwohner prognostiziert worden. Allein im Jahre 2013 stieg die Bevölkerungszahl jedoch um rund 44.000, ein Wachstum von 1,3 Prozent, was einer Verdopplung der Prognose für 2013 entspricht. Hanke geht davon aus, dass angesichts dieser beschleunigten Entwicklung die Bevölkerung auch in den kommenden Jahren schneller wachsen wird, als es der Demografiebericht annimmt. "Der Senat rechnet mit zu niedrigen Zahlen", sagt Christian Hanke. Er selbst nennt die Zahl von 400.000. Mitte erlebt einen Bevölkerungszuwachs von 8,5 Prozent und liegt damit über dem Berliner Durchschnitt von 7,2 Prozent.
All das macht in den Augen des Bürgermeisters eine Kehrtwende dringend notwendig. Christian Hanke will für die Bezirke Autonomie in der Personalpolitik, das Recht, einen eigenen Ausbildungsplan für den Verwaltungsnachwuchs aufzustellen, in eigener Verantwortung nach ihm zu suchen. Denn mit dem Weggang bewährter Kräfte gehe auch über Jahrzehnte erworbenes Fachwissen verloren. Auf alle Fälle müssen laut Hanke Gehälter und Besoldung steigen.
Von einer Zusammenarbeit mehrerer Bezirke bei Verwaltungsaufgaben hält der Bürgermeister von Mitte nicht viel. Das sei immer "schwierig". Hanke hält auch nicht viel von der Übertragung von Aufgaben an Privatfirmen, etwa die der Sportanlagen- und Grünflächenpflege. Das komme den Bezirk vielleicht sogar teurer. "Das würde gegen Haushaltsrecht verstoßen."
Auf die Frage der Finanzierung aller Wünsche antwortet Christian Hanke etwas polemisch: "400 Millionen Euro für die Zentral- und Landesbibliothek, die nun nicht auf dem Tempelhofer Feld gebaut wird, sind frei. Der Senat könnte den Bezirken in den nächsten zehn Jahren jährlich 40 Millionen Euro überweisen."
Autor:Karen Noetzel aus Schöneberg |
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