Golduhr im Schwarzbuch
Bund der Steuerzahler listet Steuergeldverschwendung auf – auch an der Charité
Das Kunstwerk „Die goldene Stunde“ an der Brandwand gegenüber dem Haupteingang des Charité-Bettenhochhauses hat es ins Schwarzbuch des Steuerzahlerbundes geschafft.
Jedes Jahr dokumentiert der Bund der Steuerzahler (BdSt) in seinem Schwarzbuch teils skurrile Fälle von Steuergeldverschwendung in Milliardenhöhe in Deutschland. Etwa einhundert Fälle von sinnlosen Projekten, Kostenexplosionen und absurden Baumaßnahmen werden im Schwarzbuch 2018/19 vorgestellt. Das Kunstwerk „Die goldene Stunde“ der Berliner Künstlerin Renate Wolff hat es auch in das Schwarzbuch geschafft.
Seit Ende 2017 hängt gegenüber dem sanierten Bettenhochhaus der Charité an der Luisenstraße ein 8,5 Meter großes, abstrahiertes, goldenes Zifferblatt mit ausgesparten Stunden- und Minutenstrichen. Wolff hatte mit der Golduhr den Kunst-am-Bau-Wettbewerb gewonnen. 450 000 Euro hat die Uhr gekostet. Laut BdSt war in der Wettbewerbsauslobung nur ein Kostenrahmen von 280 000 Euro für die Realisierung und 44 000 Euro für Preisgelder und Aufwandsentschädigungen vorgesehen. „Der zunächst nicht veröffentlichte Differenzbetrag von weiteren 126 000 Euro ergab sich für Verfahrenskosten des Wettbewerbs und die Bezahlung der Juroren“, heißt es.
Die „Goldene Stunde“ bezeichnet in der Notfallmedizin den Zeitraum, in der akutmedizinische Patienten gerettet werden können und soll im Sinne auch als Metapher für den goldenen Moment der Heilung stehen. Für Alexander Kraus vom Bund der Steuerzahler Berlin ist die Uhr zwar „ein hübsches Kunstwerk“, aber angesichts eines Sanierungsstaus von einer Milliarde Euro an den Berliner Kliniken „hat das Kunstwerk in medizinischer Hinsicht gar keinen Nutzen.“
Für Berlin werden im aktuellen Schwarzbuch sechs Fälle von Steuergeldverschwendung beschrieben. Mit dabei sind der Schilderwald an der Pankower Platanenstraße, die teuren Parklets an der Bergmannstraße in Kreuzberg und die Kostenexplosion am „kleinen BER“, dem Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) am Messedamm.
In Mitte moniert der Steuerzahlerbund auch die Kostenexplosion bei der Sanierung der Staatsoper Unter den Linden. Die Baukosten waren um 200 Millionen Euro auf rund 440 Millionen Euro gestiegen. Vier Jahre später als geplant wurde die Staatsoper nach sieben Jahren Bauzeit im Dezember 2017 als „letzter Akt einer Tragödie“ wiedereröffnet. „Für den Steuerzahler bleibt nur zu hoffen, dass die Kosten nicht noch weiter steigen, bevor der letzte Vorhang fällt. Denn die Endabrechnung steht noch aus“, heißt es im Schwarzbuch. Der BdSt hatte die Probleme bei der Staatsoper schon in seinen Schwarzbüchern 2014 und 2015 thematisiert.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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