Streiktage sind keine Fehltage
Engagement soll sich für Azubis nicht nachteilig auswirken

Arbeitssenatorin Katja Kipping (Linke), Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) fordern in einem gemeinsamen Schreiben alle Landesverwaltungen und Behörden auf, streikenden Auszubildenden wegen Fehlzeiten keinen Strick zu drehen.

Wer als Azubi an der Berufsschule zu viele Fehlzeiten hat, wird nicht für die Abschlussprüfungen zugelassen. Denn zu große Bildungslücken gefährden einen erfolgreichen Abschluss. So ist die Regel. In dem „Empfehlungsscheiben“ an Arbeitgeber wie Senatsverwaltungen oder Krankenhäuser werden die Verantwortlichen jetzt von Rot-Grün-Rot aufgefordert, Streiktage nicht als Fehltage anzurechnen. Auch wenn es sich dabei nur um Empfehlungen des Senats handelt, „werden die in der behördlichen Praxis jedoch weitgehend als verbindlich behandelt“, heißt es auf Nachfrage aus Kippings Pressestelle. Durch das Rundschreiben solle „darauf hingewirkt werden, dass Auszubildenden, die ihr Streikrecht wahrnehmen, keine Nachteile in der Berufsschule entstehen“.

„Das Grundrecht auf Streik ist eine herausragende Errungenschaft unserer verfassungsmäßigen Ordnung in Deutschland. Es wäre fatal, wenn Auszubildenden durch die Inanspruchnahme dieses Grundrechts Nachteile entstünden“, sagt Senatorin Katja Kipping. „Jungen Menschen, die sich gewerkschaftlich engagieren und mit der Teilnahme an Streiks ihre Unterstützung für gerechte tarifvertraglich geregelte Arbeitsbedingungen zum Ausdruck bringen, darf nicht der Eindruck vermittelt werden, dass ihr im Grunde Beispiel gebendes Verhalten ihnen Nachteile beschert und sie dadurch von einem entsprechenden Engagement abgehalten werden“, so Kipping.

Die Senatorin will, dass die Azubis streiken gehen. „Es gibt ein grundrechtlich geschütztes Recht zu streiken – auch für sie“, appelliert auch Gesundheits- und Pflegesenatorin Ulrike Gote an die Azubis. „Die Handlungsleitlinie für die Teilnahme an Streiks gibt ihnen die notwendige Sicherheit, dass ihnen keine Nachteile entstehen, wenn sie streiken“, heißt es. Für die „Arbeitgeber:innen entsteht beidseitig ein respektvoller und interessenausgleichender Umgang bei Streiks“.

Hintergrund des Streik-Schreibens der drei Senatsverwaltungen waren Streiks im Gesundheitssektor Ende 2021. Auszubildende hatten damals Angst, dass sie nicht zu den Prüfungen zugelassen werden, wenn sie streiken. Die Gewerkschaften hatten sie aufgefordert, beim Streik mitzumachen. Laut den Senatsverwaltungen für Arbeit, Gesundheit und Bildung gebe es jedoch „bestehende Härtefallregelungen“, die Berufsschulen für streikende Auszubildende anwenden könnten. Laut Pressestelle der Senatsarbeitsverwaltung müssen Auszubildende für eine Härtefallregelung für die Prüfungszulassung allerdings 60 Euro bezahlen.

„Vor dem Hintergrund, dass Anfang des kommenden Jahres gegebenenfalls bei den Tarifverhandlungen des öffentlichen Dienstes auch Mitarbeitende (einschließlich Auszubildende) der Berliner Krankenhäuser für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne streiken, sollen auch Auszubildende von ihrem Grundrecht ungehindert Gebrauch machen können“, so Ina-Luisa Burghardt von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales. Das Rundschreiben diene zur Klarstellung und Unterstützung der Azubis. CDU-Arbeitsmarktexperte Martin Pätzold sieht zwar in dem Rundschreiben keinen Streikaufruf, „aber es gibt zweifellos bessere Möglichkeiten, Berufsanfänger auf ihre Rechte hinzuweisen“, sagt er.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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