Wippen vor dem Reichstag
Initiative demonstriert jeden Abend für ein Einheitsdenkmal auf der Reichstagswiese
Exakt vor einem Jahr hat eine Initiative jeden Abend bis zur Bundestagswahl um 19 Uhr sieben Minuten lang gegen das geplante Einheitsdenkmal vor dem Schlossnachbau protestiert. Jetzt stehen sie wieder da.
Im vergangenen Jahr hielten die Unterstützer der von Annette Ahme, Vorsitzende des Vereins Berliner Historische Mitte, gegründeten Initiative am Kupfergraben ihre Plakate hoch. Jetzt wollen die Aktivisten wieder jeden Abend um 19 Uhr sieben Minuten lang täglich bis zum 3. Oktober demonstrieren. Allerdings nicht gegen das geplante Freiheits- und Einheitsdenkmal, sondern dafür. Die Initiative will, dass das vom Bundestag beschlossene Denkmal nicht vor dem Humboldt-Forum, sondern vor dem Reichstag aufgestellt wird.
Um die sogenannte Einheitswippe, wie die gewölbte Riesenschale genannt wird, gibt es seit Jahren heftige Diskussionen. Der Bundestag hatte bereits 2007 und 2008 beschlossen, auf dem historischen Sockel des ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Denkmals neben dem wieder aufgebauten Berliner Schloss ein Denkmal in Erinnerung an die Friedliche Revolution im Herbst 1989 und an die Einheit zu errichten. Den vom Bund ausgeschriebenen Wettbewerb hatten der Architekt Johannes Milla und die Choreografin Sasha Waltz gewonnen. Der Entwurf ist eine rund 50 Meter lange, begehbare Schale, die sich leicht neigt, wenn sich genügend Menschen auf der einen Seite versammeln.
„Der kosmopolitische, kosmokulturelle Anspruch vom Humboldt Forum verbietet geradezu hier eine deutsche Weihestätte“, so Annette Ahme. Das Freiheitsdenkmal passe nirgends besser als vor den Reichstag. „Hier, wo die Einheit in der Nacht um 24 Uhr mit dem Hissen der Fahne und der Ansprache des Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker besiegelt wurde, kann die Wippe stehen“, so Ahme. Die Fotomontage mit der riesigen Einheitswippe vor dem Reichstag dürfen die Protestierer nur noch verpixelt zeigen. Die Anwälte des Architekten hatten die Visualisierung aus urheberrechtlichen Gründen untersagt. Den offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten für den Umzug des Freiheitsdenkmals haben hunderte Unterstützer unterzeichnet. Darunter sind zum Beispiel die Sängerin Dagmar Frederic, Ex-Tagesschau-Sprecherin Dagmar Berghoff, die Publizistin Lea Rosh, der Unternehmer Hans Wall, die Landesvorsitzende der Linken, Katina Schubert, und die Politikerin Vera Lengsfeld.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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