Baustadtrat schickt Berater
Mieter an der Habersaathstraße wehren sich gegen Modernisierung
Der Eigentümer des DDR-Plattenbauriegels an der Habersaathstraße 40-48 will sein Gebäude modernisieren. Ein relativ normaler Vorgang. Doch der Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) kommt gleich persönlich zum kurzfristig angesetzten Mietertreffen.
Der Plattenbau Habersaathstraße 40-48 steht an einer sehr exponierten Lage direkt zwischen dem BND-Neubau und dem Naturkundemuseum. Die Mieter zahlen günstige Mieten, haben zum Teil noch uralte DDR-Verträge. Nicht ungewöhnlich, wenn der Eigentümer aus dem Haus mehr rausholen will. Das ist alles auch rechtens, wenn er sich an die Regeln hält und die Mieter nicht mit illegalen Aktionen terrorisiert. Bis zum 30. Juni sollen sie eine Modernisierungsankündigung unterschreiben, nach der die Gesamtmiete drastisch steigt, für die 39-Quadratmeter-Wohnung von Theo Diekmann zum Beispiel von jetzt 299 Euro auf dann 546 Euro warm.
Diekmann ist einer der Aktiven in der Nachbarschaftsinitiative IG HAB, die sich gegen die Modernisierungen wehren. Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) hat das vom Bezirk beauftragte Büro Mieterberatung Prenzlauer Berg beauftragt, „alle Mieter der Habersaathstraße umfassend zu beraten“. Und auch Sebastian Bartels, Vizechef vom Berliner Mieterverein, sagt beim Krisentreffen zu, alle, auch Nichtmitglieder, bei der Prüfung der geforderten Mieterhöhungen kostenfrei zu beraten. Etwa fünf Mieter waren zu dem Treffen in die Bäckerei Steinecke gekommen.
Das Haus an der Habersaathstraße 40-48 hat 106 Wohnungen. Ein Gästehaus mit 20 Pensionszimmern ist auch drin. Wie die Mieter berichten, sollen etliche Wohnungen zudem an Touristen als Ferienwohnung vermietet sein. Gothe will jetzt prüfen, ob die illegal sind. Einige Mieter sind schon ausgezogen und haben vom Eigentümer zwischen 2000 und 20 000 Euro Abfindung bekommen, wie Diekmann sagt. Er schätzt, dass es höchstens noch 30 Wohnungsmieter in dem langen, „runtergerotteten Haus“ gibt.
Gothes Behörde kann eigentlich ein solches Projekt nicht verhindern, wie er sagt. Die Mietverträge seien aber ein starker Schutz. Er will mit der von ihm jetzt eingesetzten Mieterberatung dafür sorgen, dass jeder betroffene Mieter sein Recht auch wahrnehmen kann. Experten durchforsten auf Wunsch die rund 20-seitigen „Ankündigungen von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ und geben Tipps, welchen Positionen die Mieter möglicherweise widersprechen sollten. Auch gibt es Härtefallregelungen.
Gothe legt sich so für die Initiative Habersaathstraße ins Zeug, weil ihn ärgert, dass der Senat das Gebäude vor etwa zehn Jahren verkauft hat. Der damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) hat für die 5100 Quadratmeter Gesamtfläche zwei Millionen Euro bekommen. Jetzt soll das frühere Schwesternwohnheim der Charité für das zehnfache weiterverkauft worden sein. „Heute würde man sagen, ward ihr bescheuert damals“, sagt Gothe. Aber es sei auch die Zeit der Finanzkrise und des hohen Wohnungsleerstands gewesen, zeigt er etwas Verständnis. „Aus heutiger Perspektive ist das ein grässlicher Verlust“, sagte Gothe beim Mietertreffen. Er will mit seinem Engagement auch andere Betroffene ermutigen, sich bei Mietproblemen Hilfe zu holen. „Wir kümmern uns mit unserer Mieterberatung darum“, verspricht der Stadtrat.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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