Austreten ohne Eintritt
Senat testet kostenfreie Nutzung öffentlicher Toiletten
Seit Monaten gibt es großen Ärger mit den neuen Stadttoiletten. Diebe brechen seit Ende 2021 die Münzautomaten auf und klauen das Toilettengeld. Der Stadtmöblierer Wall, der die 278 Pavillons für den Senat betreibt, spricht von über 1000 Fällen pro Woche.
Die Einbruchsserie katapultiert die Reparaturkosten nach oben, weil die Diebe die teure Technik zerstören, um die 50-Cent-Münzen zu erbeuten. Dem Senat entgeht dadurch ein sechsstelliger Betrag. Um das Einbruchsproblem zu lösen, testet der Senat jetzt einen kostenfreien Zugang an 50 Toiletten. Ab August geht an den ausgewählten Toilettenanlagen die Tür per Knopfdruck auf – ohne Bezahlung. An den anderen 228 werden nur die Münzboxen demontiert. Dort muss man – wie bisher auch schon möglich – bargeldlos mit Karte oder App bezahlen. Wenn es keine Münzen mehr zu klauen gibt, hören die Einbrüche auf, so das Kalkül.
Im Februar will der Senat entscheiden, ob alle Klos gebührenfrei werden. Das Problem: Kartenzahlung schließt Leute aus, die keine Karte haben. Und beim komplett kostenfreien Zugang wird befürchtet, dass sich das „Problem mit den Dauerbewohnern“, wie ein Wall-Sprecher Obdachlose nennt, die immer mehr die Stadtklos belagern, vergrößert.
Der sechsmonatige Testbetrieb soll zeigen, welche Auswirkungen der Gratiszugang auf Betrieb und Reinigung hat. Entscheidet sich der Senat, wie von vielen gefordert, für gebührenfreie öffentliche Toiletten, verzichtet er auf jährliche Einnahmen zwischen 500.000 und einer Million Euro. Ich glaube jedoch, dass gebührenfreie Stadttoiletten die Wall-Klos zu Mülleimern machen und die Probleme, die die Putzkolonnen täglich mit „Dauerbewohnern“ haben, weiter erhöhen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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