Bezirke fühlen sich überrumpelt
Senat will den Gastronomen die Sondernutzungsgebühren auch rückwirkend erlassen

Restaurants sollen die 2023 gezahlten Gehweggebühren für Außenbestuhlung zurückbekommen, doch die Bezirke haben kein Personal für die Erstattung alter Bescheide.  | Foto:  Dirk Jericho
  • Restaurants sollen die 2023 gezahlten Gehweggebühren für Außenbestuhlung zurückbekommen, doch die Bezirke haben kein Personal für die Erstattung alter Bescheide.
  • Foto: Dirk Jericho
  • hochgeladen von Dirk Jericho

Der Senat hat im Dezember beschlossen, dass Gastronomen in diesem Jahr keine Gebühren zahlen müssen, wenn sie Tische und Stühle auf den Bürgersteig stellen. Sie sollen zudem bereits gezahlte Sondernutzungsgebühren für öffentliches Straßenland rückwirkend auch für 2023 erstattet bekommen. Dagegen wehren sich jetzt die Bezirke.

Acht Bezirke fordern in einem sogenannten Amtshilfeersuchen Unterstützung vom Senat für die beschlossene Rückzahlung. Mit den „knappen personellen Ressourcen, mit denen die Bezirke ausgestattet sind“, sei eine „Rückabwicklung der bereits eingegangenen Zahlungen in der Praxis schlichtweg unmöglich“, heißt es in dem Schreiben an Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) und Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU). Unterzeichnet haben die gemeinsame Erklärung die Bezirksämter Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg, Lichtenberg, Mitte, Neukölln, Tempelhof-Schöneberg, Treptow-Köpenick und Steglitz-Zehlendorf.

Für die vom Senat versprochenen Gastro-Geschenke müssten in allen Bezirken rund 10 000 Kostenbescheide rückabgewickelt werden. Weil Genehmigungen für Kneipentische auf Gehwegen teilweise einmalig für mehrere Jahre beantragt und genehmigt werden, „entsteht ein zusätzlicher bürokratischer Aufwand bei der anteiligen Rückerstattung für 2023“, heißt es. In Tempelhof-Schöneberg zum Beispiel müssten 630 Vorgänge bearbeitet werden. In Mitte und in Friedrichshain-Kreuzberg sind jeweils über 1000 Bescheide betroffen. „Mitarbeiter*innen aus den Straßen- und Grünflächenämtern wären monatelang ausschließlich mit der Rückabwicklung der Gebühren beschäftigt, statt ihren regulären Aufgaben nachzukommen“, moniert das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in einer Pressemitteilung.

Die Bezirke seien von der Senatsentscheidung Ende vergangenen Jahres überrascht worden. „Der Senat hat den Erlass der Sondernutzungsgebühren für 2023 ohne Rücksprache mit den von der Entscheidung betroffenen Bezirksämtern verabschiedet“, ärgert sich Friedrichshain-Kreuzbergs Bürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne). Ihr Bezirk sei wie die anderen „für die Umsetzung dieser Entscheidung auf Unterstützung aus den zuständigen Senatsverwaltungen angewiesen“. Clara Herrmann pocht derweil auf die Senatszusage, „dass den Bezirken keine Kosten anfallen und die Einnahmeausfälle erstattet werden“.

Die Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt wollte sich zu den Forderungen der Bezirke zunächst nicht äußern und die Sitzung des Rates der Bürgermeister zu diesem Thema (nach Redaktionsschluss) abwarten, wie Schreiners Sprecherin Britta Elm auf Anfrage der Berliner Woche sagte. Wie berichtet, will der Senat mit der Gebührenbefreiung für 2023 und 2024 Bar- und Restaurantbesitzer in weiterhin schwierigen Zeiten unterstützen. Bereits in den Corona-Jahren durften die Wirte ihre Tische umsonst rausstellen. Sogar Parkbuchten wurden unter der damals von den Grünen geführten Verkehrsverwaltung zu Gratissitzecken. Hintergrund der jetzigen Unterstützung ist die von der Ampelregierung beschlossene Mehrwertsteuererhöhung für Restaurants auf 19 Prozent. Der Steuersatz auf Speisen war in der Corona-Zeit auf sieben Prozent gesenkt worden.

Mit dem Erlass der Gastro-Gehweggebühren sollen „Arbeitsplätze erhalten und der Wirtschaftsstandort Berlin gestärkt werden“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Dezember. Die Befreiung gilt nicht nur für Gastronomen, sondern auch für Schausteller und Veranstalter, die Messe- und Kongresswirtschaft, den Einzelhandel und die Kultur- und Kreativwirtschaft. Nach dem Beschluss hatte die zuständige Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt den bezirklichen Straßen- und Grünflächenämtern und Ordnungsämtern die neue Regelung mitgeteilt. Die Bezirke sollen die entgangenen Einnahmen aus der Sondernutzungsgebühr vom Senat erstattet bekommen.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

1 Kommentar

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 1.090× gelesen
  • 1
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 1.758× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 1.401× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.828× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.720× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.