Bezirksamt schickt Widerspruchsbescheide raus
Streit um Mohrenstraße geht weiter
Im Streitfall Mohrenstraße hat das Bezirksamt mehr als 200 Widerspruchsbescheide an Berliner rausgeschickt, die der Umbenennung widersprochen hatten. Im Fazit lehnt das Bezirksamt alle Gegenargumente ab. Einige Betroffene erwägen jetzt, vor Gericht zu gehen.
1134 Widersprüche hatte es gegen die Umbenennung der Mohrenstraße gegeben. Knapp 900 Personen zogen ihren Widerspruch zurück, nachdem sie vom Bezirksamt zusammen mit der Eingangsbestätigung den Hinweis auf die mögliche Höchstgebühr von 741,37 Euro für die Bearbeitung des Widerspruchs erhalten hatten. 237 ließen sich davon nicht abschrecken. An sie verschickte das Bezirksamt jetzt die Widerspruchsbescheide. Sie sind sechs Seiten lang und von Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) höchstpersönlich unterschrieben.
Gebührenforderung rechtens?
„Der Widerspruch wird zurückgewiesen“, teilt der Rathauschef mit. Gleich danach folgt die Höhe der Bearbeitungsgebühr, die das Bezirksamt auf 148,27 Euro festsetzt. „Wir schauen jetzt, ob wir das bezahlen“, sagt einer von vier Betroffenen, die einen Rechtsanwalt eingeschaltet haben, ihre Namen in der Zeitung aber nicht lesen wollen. Denn die Gebührenforderung sei eine Kann-Bestimmung, demnach hätte auch die Mindestgebühr von 36,79 Euro für den Verwaltungsaufwand erhoben werden können. „Zumal nur der Briefkopf ausgetauscht wurde, ansonsten sind die Bescheide im Wortlaut gleich.“ In seinem Bescheid begründet das Bezirksamt die 148 Euro damit, dass die Höchstgebühr bei einem einheitlichen Widerspruchsbescheid nach Tarifstelle 1901 auf 20 Prozent reduziert werden kann. Es legte also von vornherein die höchste Bearbeitungsgebühr zugrunde.
Betroffene kündigen Klagen an
Darüberhinaus überlegen die Betroffenen, gegen den Bescheid des Bezirksamtes einzeln zu klagen. In ihren Widersprüchen gegen die geplante Umbenennung der Mohrenstraße hatten sie dem Bezirksamt unter anderem die „willkürliche Anwendung von Verfahrensvorschriften“ und die Verletzung der eigenen Grundrechte vorgeworfen. So seien die Anwohner und Anlieger der Mohrenstraße nur informiert, aber nicht beteiligt worden. Für das Bezirksamt ist dagegen alles rechtens, weshalb es die Widersprüche ausführlich begründet ablehnt. So sei etwa die Umbenennung nicht willkürlich erfolgt. „Denn es besteht ein öffentliches Interesse an der Umbenennung der Mohrenstraße“, heißt es in dem Bescheid.
BVV will „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“
Der Name „Mohrenstraße“ wird von vielen als rassistisch empfunden. Auch in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wurde deshalb eine Umbenennung diskutiert und letztlich auf Antrag von SPD und Grünen im August 2020 beschlossen. Der alte Name sei nach heutigem Demokratieverständnis durch einen bestehenden rassistischen Kern belastet, so die Bezirksverordneten. Stattdessen wolle man eine historische Person afrikanischer Herkunft ehren. Auf diesen Beschluss beruft sich das Bezirksamt. Die Straße in Berlins Mitte soll nun künftig nach dem ersten bekannten deutschen Philosophen und Rechtsgelehrten afrikanischer Herkunft „Anton-Wilhelm-Amo-Straße“ heißen. Eine Bürgerbeteiligung ist nicht vorgesehen. Bis die Straßen- und U-Bahnhof-Schilder wirklich ausgetauscht sein dürften, wird es aber vermutlich noch dauern, denn die angekündigten, potenziellen Klagen könnten den Umbenennungsprozess verzögern.
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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