Mitte wird eingemauert
Totalstaat als Kunstevent: Kilometerlange Mauer Unter den Linden
Für das internationale Kunst-; Film- und Theaterprojekt „Freiheit“ des russischen Regisseurs Ilya Khrzhanovsky soll um das riesige Areal zwischen Spreebrücke, Unter den Linden, Bebelplatz inklusive Staatsoper, Hedwigskathedrale, Bauakademie und Schinkelplatz eine kilometerlange Mauer errichtet werden.
Was genau hinter der Mauer im beantragten Projektzeitraum vom 12. Oktober bis 9. November passieren wird, ist noch geheim. Die Berliner Festspiele GmbH als Antragsteller des Dau-Mauerprojektes „Freiheit“ haben nur eine Projektskizze eingereicht. Hinter den Mauern der Kunst-Diktatur sollen Filme aus 700 Stunden Material gezeigt werden, die der umstrittene Regisseur Ilya Khrzhanovsky beim Dau-Filmprojekt 2008 bis 2011 in der Ukraine gedreht hat.
Damals waren rund 400 Darsteller freiwillig ins „Institute“ bei Charkiw gezogen, um in einem simulierten Stalin-Staat mit Überwachungskameras, eigener Kleidung, eigener Währung und extra Pässen zu leben. In dem Knastexperiment soll es auch sexuelle Übergriffe und Gewalt gegeben haben. Auch im Mauer-Land Unter den Linden sollen Besucher das Gefühl der Machtlosigkeit und Schikanen in einem totalitären System erleben. Wer rein will, muss zum Beispiel einen Einreiseantrag stellen und Handys an der Staatsgrenze abgeben.
Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) unterstützt das Dau-Projekt. Damit könne man eine jüngere Generation wachrütteln. Laut Antrag, der dem Straßenamt Mitte erst seit dem 17. August vorliegt, ist das Berliner Projekt „Freiheit“ Auftakt für weitere Stationen im November in Paris („Brüderlichkeit“) und im Dezember in London („Gleichheit“). Wie Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) mitteilt, hätten sich Senat und der Bezirk Mitte darauf verständigt, „bis zum 30. August die dringendsten Fragen zur Durchführung und mögliche Problemstellungen zu identifizieren.“ Ob ein solches Mammutprojekt in so kurzer Zeit genehmigt werden kann, ist offen. Schließlich müssen weitere Behörden wie Denkmalschutz und Polizei zustimmen. Außerdem, so von Dassel, „ist für die Errichtung der Mauer eine Baugenehmigung erforderlich.“ Die Senatskanzlei begleite den Prozess, könne das Verfahren aber nicht beschleunigen, „da sie nicht Genehmigungsbehörde ist“, so der Bürgermeister.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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