Faust neben dem Dixi-Klo
Unhaltbare Zustände im neuen Theater im Monbijoupark

Holzpodest mit Teppich, ein Kronleuchter, paar Sitztreppen und Bierbänke drumherum. So sieht die neue Spielstätte im Monbijoupark aus. | Foto: Dirk Jericho
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  • Holzpodest mit Teppich, ein Kronleuchter, paar Sitztreppen und Bierbänke drumherum. So sieht die neue Spielstätte im Monbijoupark aus.
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Bezirk und BVV wollten einen Neustart für das Parktheater im Monbijoupark. Doch die Berliner haben ein mickriges Provisorium bekommen. Statt wie bisher ein imposantes Amphitheater haben die neuen Betreiber einen Bretterverschlag mit Bühnenpodest aufgebaut. Das lockt kaum noch Besucher an.

Eine Schauspielerin flitzt noch schnell durch die Müllberge. „Im nächsten Jahr wird es hoffentlich besser“, sagt sie zum Chaos hinterm neuen Theaterverschlag und verschwindet auf dem Bunkerdach. Auf der Fläche, auf der bisher die markante Holzarena des Monbijou Theaters stand, herrschen jetzt unhaltbare Zustände. Das neue Theater an der Museumsinsel ist ein Provisorium hinterm Bretterzaun. Direkt dahinter steht der Dixi-Klocontainer. Überall Berge von Müll, Holzpaletten, vergammelte Plastikstühle und Getränkekisten.

Auch unter den Schauspielern des neuen Theaters rumort es. Erst im Juni, kurz vor der verschobenen Faust-Premiere, wurde eine interne E-Mail lanciert. „Bis zum heutigen Tag müssen sich die Kollegen im öffentlichen Raum zwischen Müll und Flaschen umziehen“, hieß es da. Oder: „Die Bühne und der Zuschauerraum sind erbärmlich: Das alles sieht nicht nach Salon eines Schlosses aus, sondern nach Favela“. Mittlerweile ist es schon etwas besser geworden. "Wir spielen in einem Hühnerstall", sagt jemand aus dem Ensemble mit Verweis auf den Bretterzaun. Öffentlich äußern will sich niemand; die Schauspieler müssen schließlich Geld verdienen.

Auf neue Füße gestellt

Ist das der Neuanfang im Monbijoupark? Wie berichtet hatte die BVV im Dezember auf Initiative der Linken, Grünen und FDP beschlossen, das „Theater im Monbijoupark auf neue Füße zu stellen“. Genehmigungen im Park sollten nur noch an „gemeinnützige oder genossenschaftliche Träger vergeben werden“. Hintergrund waren Beschwerden und Gerüchte um den Theaterchef Christian Schulz. Ihm wurde vorgeworfen, mit seinem Amphitheater und vor allem mit der dazugehörigen Strandbar hohe Gewinne in einer öffentlichen Parkanlage zu machen und diese teils auch in andere private Kulturprojekte wie ein Schloss in Schwante zu stecken.

Es habe Beschwerden über schlechte Arbeitsbedingungen, Hygiene und Sauberkeit gegeben, sagt der Bezirksverordnete Sven Diedrich von den Linken. Er hat den Putsch im Park gegen Christian Schulz mit eingefädelt. Auf Druck der Bezirkspolitik hatte die Humboldt-Universität, der das Areal gehört, die Fläche auf den ehemaligen Charité-Bunkeranlagen an der Monbijoustraße im Frühjahr an die gemeinnützige Theater an der Museumsinsel GmbH vermietet, die hinter Schulz‘ Rücken von seinem Ex-Partner im Monbijou Theater, David Regehr, und von Regisseur Maurici Farré sowie Schauspieler Matthias Horn gegründet wurde. Diedrich hat erst am 22. Juli in einem Radiointerview wiederholt gesagt, dass Schulz seinen Schauspielern verspätet „sehr niedrige Gehälter“ bezahlt habe.

Zuschauer bleiben weg

„Das sind Lügen, die seit Monaten immer wieder erzählt werden“, sagt der ausgebootete Kulturunternehmer. „Es gab auch keine hygienischen Mängel oder Lärmbeschwerden“, so Schulz. So wie es jetzt dort aussieht, „das hätte es bei mir nicht mal nach einem Premierenfest gegeben“. Fragt man die Schauspieler, sagt auch keiner, dass die von Schulz pro Vorstellung bezahlten Gagen schlecht waren. Fakt ist auch, dass Schulz für sein Amphitheater auch immer eine Genehmigung hatte. Die zwei Bar- und Kassencontainer und das mit einem Bretterzaun eingehauste jetzige Theater hingegen nicht. Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD), der in einer umstrittenen Auswahljury für die Regehr-Truppe votiert hat, hält das derzeitige Provisorium für genehmigungsfrei.

Das Amphitheater des bisherigen Monbijou Theaters wurde 2008 das erste mal aufgebaut. Die bis zu 400 Plätze in dem Halbrund waren fast immer prall gefüllt. Die Schauspieler konnten ihr Können auf einer immer anders konstruierten Bühne zeigen und mit teils waghalsigen Kletteraktionen faszinieren. Die Beifallsstürme im jetzigen Theater bleiben weitestgehend aus; an guten Tagen kommen etwa 50 Leute zu den Vorstellungen. Weil das Ambiente nicht mehr stimmt, sind auch schon etliche Vorstellungen ausgefallen. Früher kamen rund 100 000 Zuschauer jährlich in das größte freie Theater Berlins.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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