Jeder Fünfte darf schon wieder wählen
Wegen des Wahlchaos 2021 sollen knapp 550.000 Berliner noch mal ihre Stimme abgeben

In der Hauptstadt hängen schon wieder Wahlplakate wie hier in der Oranienburger Straße. Im Bezirk Mitte können knapp 20 Prozent der Wahlberechtigten noch einmal wählen. | Foto:  Dirk Jericho
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Am 11. Februar können 548.675 Wahlberechtigte in 455 von 2256 Wahlbezirken noch einmal wählen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Teilwiederholung der Bundestagswahl von 2021 angeordnet.

Für die Betroffenen ist das die dritte Wahl in drei Jahren. Nachdem der Berliner Verfassungsgerichtshof die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen wegen zahlreicher Pannen am 26. September 2021 für ungültig erklärt und eine Wahlwiederholung für 12. Februar 2023 angeordnet hatte, werden ein Jahr später in Berlin schon wieder die Wahllokale geöffnet.

Gravierend und mandatsrelevant

Denn von dem verkorksten Urnengang 2021 war auch die Stimmabgabe für die Bundestagswahl betroffen, die neben Abgeordnetenhaus- und BVV-Wahlen sowie Volksentscheid stattfand. Marathon, Corona-Beschränkungen, fehlende Stimmzettel, lange Wartezeiten und Stimmabgaben weit nach 18 Uhr: der Wahlsonntag 2021 hat immer noch Konsequenzen. Das Bundesverfassungsgericht hat Ende des vergangenen Jahres entschieden, dass die Bundestagswahl in Berlin teilweise wiederholt werden muss. Aber nur in den Wahlbezirken, in denen die Fehler gravierend und mandatsrelevant waren, urteilten die Karlsruher Richter. Grobe Wahlfehler waren laut Gericht beispielsweise falsche Wahlzettel, zeitweilige Schließung eines Wahllokals oder mehr als eine Stunde Wartezeit vor den Wahllokalen.

Betroffen sind rund 20 Prozent der Wahlbezirke. Exakt öffnen 455 Urnenwahllokale von insgesamt 2256 Wahlbezirken. 294 Wahlbezirke sind auch Briefwahllokale. Laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler ist für die Wiederholungswahl alles vorbereitet. Wer Briefwahl machen will, kann die Anträge online, per E-Mai oder postalisch stellen.

Benachrichtigungen werden verschickt

Ob man für die Wiederholungswahl des 20. Deutschen Bundestags am 11. Februar berechtigt ist, kann man im Internet nachschauen. Die Wahlbenachrichtigungen werden derzeit verschickt. Nochmal wählen dürfen nur Personen, die zum Stichtag 31. Dezember 2023 in einem Gebiet gemeldet waren, in dem die Wahlwiederholung stattfindet. Das sind vor allem Wähler in Pankow, Reinickendorf, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg. In Pankow sind 85 Prozent der Wahlbezirke betroffen, in Charlottenburg-Wilmersdorf 42 Prozent, in Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg jeweils etwas über 30 Prozent. Gewählt wird am 11. Februar aber in allen Bezirken. In Lichtenberg sind nur drei Prozent der Wahlberechtigten aufgerufen, noch einmal ihr Kreuz zu machen. In Spandau sind es neun Prozent, in Mitte knapp 20 Prozent.

Der Wahlleiter hofft auf eine gute Wahlbeteiligung. Doch wie viele sich noch einmal aufmachen, ist ungewiss. An der Stimmverteilung im Bundestag dürfte die Wiederholung insgesamt wenig ändern. Im Bundestag sitzen derzeit 736 Abgeordnete, davon 29 aus ganz Berlin. Laut Simulationsrechnungen könnten in Berlin zwei bis drei Mandate zwischen den Parteien neu verteilt werden. So lag zum Beispiel in Reinickendorf die CDU-Abgeordnete Monika Grütters mit 1,4 Prozentpunkten nur knapp vor Torsten Einstmann (SPD).

Auch in der Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße hängen wieder Wahlplakate. Mitte müssen knapp 20 Prozent der Wahlberechtigten nochmal wählen. | Foto: Dirk Jericho
  • Auch in der Mauergedenkstätte an der Bernauer Straße hängen wieder Wahlplakate. Mitte müssen knapp 20 Prozent der Wahlberechtigten nochmal wählen.
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Die Linke muss sich wegen der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Wiederholungswahl aber keine Sorgen machen. Die Linke war 2021 nur dank dreier Direktmandate mittels der Grundmandatsklausel in den Bundestag eingezogen ist. Zwei dieser Direktmandate holten Gesine Lötzsch und Gregor Gysi in Berlin. Würde bei der jetzigen Wahlwiederholung nur ein einziges wegfallen, würden die Linken mit ihren 39 Abgeordneten komplett aus dem Bundestag fliegen. Doch zum Glück für die Linken gab es in den Wahlkreisen von Gesine Lötzsch und Gregor Gysi kaum Pannen. In Gysis Bundestagswahlkreis Treptow-Köpenick muss deshalb nur in sechs von 200 Urnenwahlbezirken neu gewählt werden. Weil Gysi mit 35,4 Prozent der Stimmen etwa 20 Prozentpunkte Vorsprung auf den nächsten Kandidaten hat, kann die Wiederholungswahl nichts am Ergebnis und seinem Direktmandat ändern.

Überraschende Folgen

Die Berliner Wiederholungswahl könnte aber überraschende Folgen für andere Bundesländer haben. Nach der Teilwiederholung wird das Ergebnis der Bundestagswahl 2021 insgesamt neu festgestellt. „Es kann daher zu länderübergreifenden Verschiebungen bei der Sitzverteilung kommen“, heißt es in Informationen der Bundeswahlleiterin Ruth Brand. „Somit können auch in anderen Bundesländern neue Mandatsgewinne und -verluste entstehen“.

Weitere Informationen gibt es im Internet unter bwurl.de/19s7https://www.berlin.de/wahlen/wahlen/bundestagswahl-2024/artikel.1395967.php.

Autor:

Dirk Jericho aus Mitte

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