Wilhelmstraße: Bezirksverordnete fordern den Erhalt des Gebäudes aus den 1990er Jahren
Mitte. Dem Wohnblock Wilhelmstraße 56-59 droht der Abriss. Befördert werde das durch das Bezirksamt indem es den sonst verbotenen Leerstand für 39 Wohnungen im Umfeld genehmigt und damit Ersatzwohnungen für die Altmieter schafft. So lautet zumindest der Vorwurf des Bezirksverordneten Sven Diedrich (Die Linke).
Erst im Mai habe die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) das Bezirksamt aufgefordert, die aktive Hilfe bei der Entmietung in der Wilhelmstraße zu unterlassen. „Der Bezirk ist nicht verpflichtet, Ersatzwohnungen für die Mieter bereitzustellen. Das ist einzig und allein Sache des Eigentümers“, sagt Diedrich. Er fordert deshalb, die Leerstandsgenehmigung unverzüglich aufzuheben und anzuordnen, dass die als Ersatz angedachten Wohnungen vermietet werden. Vom Amt heißt es hingegen, dass der Abriss einen Sozialplan vorsieht, der die Eigentümer verpflichtet, Ersatzwohnungen für die Mieter bereitzustellen. „Daher werden die beantragten Genehmigungen erteilt. Der Gedanke, den Wohnraum vorzeitig dem Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen, scheidet damit aus“, erklärt Sozialstadtrat Stephan von Dassel (Bündnis 90/Grüne).
Die Investorenfamilie plant unterdessen, das erst 1990 erbaute Wohnhaus abzureißen und ein Geschäfts- und Wohnhaus neu interpretiert im Art-déco-Stil der 1920er Jahre zu errichten. 165 Wohnungen mit einer Fläche von 40 bis 600 Quadratmetern, darunter zweigeschossige Penthäuser in den oberen Etagen mit Sonnenterrassen, sollen entstehen. Angedacht ist ein Mix aus Miet- und Eigentumswohnungen mit unterschiedlichen Standards. „Das reicht von komplett eingerichteten Einzimmer-Appartements mit einer Größe von 40 bis 60 Quadratmetern bis hin zu 80 bis 100 Quadratmeter großen Wohnungen mit einer normalen Ausstattung“, sagt Zsolt Farkas, Generalbevollmächtigter der Eigentümerfamilie und Vorstandsvorsitzender der Mundial-AG, die mit der Abwicklung des Projektes beauftragt ist. Er gehe davon aus, dass die verbliebenen 16 Mieter bis zum 15. Oktober ausziehen werden. „Vom letzten Mieter haben wir gerade das Angebot erhalten, zu welchen Konditionen er ausziehen möchte.“ Danach werde das Haus abgerissen. Noch gibt es für den Neubau keine Baugenehmigung. Farkas rechne aber im September damit. Im zweiten Quartal 2018 soll – wenn alles nach Plan läuft – der Neubau fertig sein.
Auch Baustadtrat Carsten Spallek (CDU) kann die Aufregung nicht nachvollziehen: „Für das Neubauvorhaben besteht bereits öffentlich-rechtliches Baurecht, unter anderem durch die Mitwirkung des Senats.“ Als das Haus 2004 noch in der Hand der Wohnungsbaugesellschaft Berlin-Mitte (WBM) war, hätte der rot-rote Senat als Eigentümer der WBM den Verkauf verhindern können. „Er tat es aber nicht. Auch der Verkauf an eine andere städtische Wohnungsbaugesellschaft wurde nicht umgesetzt.“ Unter diesem Aspekt sei die Kritik der Linken besonders bemerkenswert. Schließlich seien sie damals im Senat vertreten gewesen.
Trotz der derzeitigen Lage fordert die BVV vom Bezirk, die städtebauliche Eigenart der Wilhelmstraße zu erhalten und damit den Abriss des Gebäudes zu verhindern. Der Bezirk plant nun den Erlass einer solchen Erhaltungsverordnung. „Die rechtlichen und inhaltlichen Voraussetzungen dafür werden derzeit geprüft und die Ausschreibung eines Gutachtens, um die Erhaltungswürdigkeit festzustellen, aktuell vorbereitet“, so Spallek. Auch der Senat sei bereits über das Vorhaben der Bezirksverwaltung informiert worden. JK
Autor:Josephine Klingner aus Tegel |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.