Ambulante Suchtberatung zeigt Wege aus der Abhängigkeit
Am 1. Januar 2012 hat Vanessa B. beschlossen, dass es reicht. "Ich war zu Silvester wieder mal abgestürzt und habe gemerkt, dass ich das nicht mehr im Griff habe", erinnert sie sich. Ihre Beraterin beim Jobcenter habe sie dann zur Beratungsstelle in die Stromstraße geschickt. "Sie hatte mein Problem schon länger bemerkt." Seither macht Vanessa bei der Suchtberatungsstelle der Vista ihre ambulante Therapie - und ist trocken! Die Vista ist Träger von einer der zwei Suchtberatungsstellen im Bezirk Mitte. Eine zweite Anlaufstelle für Suchtkranke unterhält die Caritas in der Großen Hamburger Straße. Geholfen wird an beiden Orten Menschen, die Probleme mit Suchtmittelkonsum haben. Also neben Alkohol beispielsweise auch mit Tabletten. "Unser Angebot spaltet sich dabei in zwei große Felder", erklärt die Vista-Einrichtungsleiterin Berit Wittkopf. Auf der einen Seite stehe die Beratung, in der die Betroffenen auf Wunsch anonym in offenen Sprechstunden über ihr Problem sprechen und gemeinsam mit den Mitarbeitern überlegen, wie eine Lösung aussehen könnte. Dazu gehört auch das Programm "kontrolliertes Trinken". Hier können Menschen ihren - gegebenenfalls schon problematischen - Alkoholkonsum reflektieren und gegebenenfalls reduzieren.
Darüber hinaus wird vor Ort - als zweiter Schwerpunkt von Vista - die ambulante Suchttherapie angeboten. "Wer sich nach der Beratung für die ambulante Variante entscheidet und nicht stationär behandelt werden will, kann gleich hier bleiben", sagt Wittkopf. Voraussetzung sei allerdings, dass einer der nur zwölf Therapieplätze frei ist. "Bei der ambulanten Behandlung geht es vor allem ums Sprechen", sagt Therapeut Andreas Latzel. In Einzel- und Gruppengesprächen werde den Ursachen für die Sucht auf den Grund gegangen und nach neuen Strukturen und Lösungsstrategien im und für den Alltag gesucht. "Das ist kein Pillepalle", stellt die trockene Alkoholikerin Vanessa klar. Auch die Gespräche können zu einem "harten Kampf" werden.
Damit auch das soziale Umfeld der Süchtigen diesen Kampf nachvollziehen kann, bietet die Vista zusätzlich Angebote für Freunde und Familienmitglieder an. Ab Mai sogar in türkische Sprache. "Die Scham ist in diesem Personenkreis vielleicht noch größer, weil der Alkoholkonsum auch eine religiöse Komponente hat", so die Therapeutin Yesim Erdogan. Als Deutschtürkin wolle sie ihren Besuchern das Gefühl vermitteln, besser verstanden zu werden. Der Einbezug der Angehörigen sei auch für die Abhängigen wichtig. "Aus heutiger Sicht", bestätigt Vanessa B., "hätte ich mir gewünscht, dass meine Eltern mein Problem früher erkennen."
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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