Anwohner kämpfen um das Haus der Gesundheit
Dutzende gehbehinderte Besucher wurden mit Bussen von den Organisatoren ins Babylon gefahren. Zwei Drittel der Menschen im Wohngebiet sind über 60, viele gebrechlich. Die meisten sind schon seit Jahrzehnten Patient im Haus der Gesundheit (HdG). Seit Bekanntwerden der Pläne des Klinikkonzerns Sana, sein Gesundheitszentrum zu schließen und am Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) in Marzahn neu zu eröffnen, haben die Alten Angst um ihr Leben. Die 24 Ärzte und etwa 60 Schwestern im HdG sind bei Sana angestellt und müssen zum 1. Juli zum neuen Träger UKB nach Marzahn ziehen. Die überwiegend alten und gehbehinderten Patienten verlören so ihren Vertrauensarzt. Der Weg zum neuen UKB-Ärztehaus wäre viel zu weit. "Pflegeheim oder ein früherer Tod" sind die Alternative, sagte Hans-Rainer John. Der 83-Jährige aus der Karl-Marx-Allee forderte die Politiker auf, "die Sorgen der Menschen ernstzunehmen". Auch wenn nach der Arztstellenstatistik Mitte rein rechnerisch überversorgt ist, nützt das den Alten aus dem HdG-Kiez nichts. Denn im direkten Umfeld gibt es fußläufig keine Praxen. Und Fachärzte in Mitte, die auch viele Patienten von außerhalb betreuen, weil sie in Mitte arbeiten, werden sich um so alte Kassenpatienten mit meist komplexen Krankheitsbildern nicht reißen. Zumal sie auch ausgelastet sind. "Und drei Monate auf einen Termin warten kann ich nicht", sagt eine Frau, die ihren schwerkranken Mann pflegt.
Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sagte, dass die beantragte Verlegung der Arztlizenzen nach Marzahn "rechtmäßig ist" und nach der neuen Regelung, dass Ärzte nur noch in unterversorgten Gebieten eine Zulassung bekommen, "man den Antrag nicht ablehnen kann." Entscheiden wird das in den kommenden Wochen der Zulassungsausschuss bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV), ein Gremium mit Ärzte- und Krankenkassenvertretern. Carola Bluhm (Linke), im Wahlkreis um die Karl-Marx-Allee 2011 direkt ins Abgeordnetenhaus gewählt, forderte die Betroffenen auf, ihre Einwände und persönlichen Ängste dem Zulassungsausschuss zu schicken. Sie habe den Eindruck, "dass der KV-Ausschuss das Thema ernst nimmt".
Senator Czaja hat den aufgebrachten Bürgern zugesagt, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen, um mögliche Lösungen zu finden. Das Treffen mit Vertretern der Ärzte aus dem Haus der Gesundheit, der AOK als Eigentümer der Immobilie, der Krankenkassen und der KV soll demnächst in Czajas Büro stattfinden. Zu den Gerüchten eines möglichen Verkaufs des Hauses der Gesundheit sagte Harald Möhlmann, Geschäftsführer Versorgungsmanagement der AOK Nordost, der das Gebäude gehört: "Wir wollen, dass es weitergehen kann".
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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