Bauernmarkt muss zum Spittelmarkt umziehen
An den Marktständen herrscht Hochbetrieb. Um die Mittagszeit bilden sich Schlangen vor etlichen Buden. Vor allem Beschäftigte aus den umliegenden Büros und Ministerien kommen mittwochs und freitags zum Hausvogteiplatz, um frische Fischsuppe, selbstgemachte Wraps, Allgäuer Raclette oder Steaks vom Holzkohlegrill zu essen.
"Der Markt ist etabliert, die Händler sind sehr zufrieden", sagt Betreiberin Silvia Bolatzky-Budde. Der Bezirk sieht das anders und nennt den Bauernmarkt abwertend "eine Fressmeile", so die Chefin vom Berlin-Brandenburger Bauernmarkt (BBM). Laut Vertrag dürfen nur zehn Prozent Imbissangebote sein, der Rest Frischeprodukte. Zwar gibt es bei den 18 Händlern Obst- und Gemüse vom Bauern, Biokäse, Honig, frischen Fisch, einen Neulandfleischer und vieles mehr, doch das Amt zählt die Stände als Imbiss, weil sie auch Speisen zum Sofortverzehr bieten.
Wie der zuständige Stadtrat Carsten Spallek (CDU) sagt, muss der Markt Ende September schließen und zum Spittelmarkt zurückziehen. Das sei von Anfang an so geplant gewesen. Der Bauernmarkt musste 2011 vom Spittelmarkt weg, weil der Bezirk den Platz umbauen wollte. Auch auf Druck des Stadtteilaktivs Spittelkolonnaden wurde den Betreibern der Hausvogteiplatz als temporäre Ausweichfläche angeboten. Wie Silvia Bolatzky-Budde sagt, habe sie bis Sommer 2015 einen Nutzungsvertrag für den Hausvogteiplatz. "Die Händler haben Existenzangst", sagt sie. Bolatzky-Budde glaubt, dass die wohlhabenden Bewohner in den Townhouses direkt gegenüber auf dem Friedrichswerder den Markt weghaben wollen und nennt konkrete Namen, die offen Druck machen. Auch einige Ladenbesitzer am Platz sollen sich vom Markt gestört fühlen, weil zum Beispiel Parkplätze für Kunden wegfallen. Spallek nennt ebenfalls "Bürgerbeschwerden" und "Parkplatzverknappung" als Grund für das Aus an dem Standort. Der damalige Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) hatte bei der Eröffnung im Mai 2011 den neuen Wochenmarkt am Hausvogteiplatz noch als Zeichen seiner "Reurbanisierungsstrategie" gefeiert.
Seit Oktober streitet sich BBM-Chefin Silvia Bolatzky-Budde mit dem Bezirksamt um die Zukunft ihres Marktes. Nach einer Mediation Ende Januar sieht es so aus, als würde sie das Angebot des Bezirks annehmen und auf den sanierten Spittelmarkt zurückziehen. Der Platz hat auch Vorteile, weiß sie. Entlang der Leipziger Straße wohnen Tausende potenzielle Kunden. Außerdem haben auf der Fläche noch mehr Händler Platz.
Nur ob die Besucher dann auch gern am neuen Standort verweilen und wie am Hausvogteiplatz genüsslich ihre Mittagspause verbringen, kann sie sich bei dem Lärmpegel nicht richtig vorstellen. Direkt südlich vom zukünftigen Bauernmarkt rauscht der Verkehr auf der sechsspurigen Leipziger Straße vorbei.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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