Drei Fragen an sechs Direktkandidaten
Seit wann leben Sie in Berlin, in welchem Kiez genau?
Eva Högl: Ich lebe seit Ende 2001 in in der Rosenthaler Vorstadt in Alt-Mitte. Anfang diesen Jahres bin ich in den Sprengelkiez in Wedding gezogen. Ich habe mich bewusst dazu entschieden, in Berlin-Mitte zu leben, weil ich mich hier richtig wohlfühle. Die Vielfalt der Menschen und Lebensstile gefällt mir sehr und macht diesen Bezirk für mich so einzigartig, liebens- und lebenswert.
Philipp Lengsfeld: Ich bin echter Berliner. Aufgewachsen und wohnhaft in Ostberlin. Ich kenne als Mieter diverse, sehr unterschiedliche Kieze. Ich arbeite seit zwölf Jahren in einer Weltfirma keine 200 Meter vom Nettelbeckplatz.
Özcan Mutlu: Ich lebe seit 1973 in Berlin, bin in Kreuzbrg aufgewachsen und wohne aktuell im Heinrich-Heine-Kiez.
Klaus Lederer: Berliner bin ich seit 1988 und in der Stadt viel herumgekommen, aktuell in einer Genossenschaftssiedlung in Prenzlauer Berg nahe Gleimtunnel und Mauerpark.
Therese Lehnen: Ich bin 1987 vom Niederrhein nach Berlin gezogen, um hier zu studieren. Zunächst lebte ich in Kreuzberg und zog 2009 wegen der zu hohen Mieten nach Rehberge im nördlichen Wedding.
Hartmut Bade: Seit 2009 im westlichen Brunnenviertel.
Das Wahlprogramm gilt bundesweit. Was wollen Sie für die Menschen in den Ortsteilen Mitte, Wedding und Tiergarten tun? Gibt es ganz konkrete Projekte im Bezirk, für die Sie sich einsetzen wollen?
Eva Högl: In Mitte, Wedding und Tiergarten sind steigende Mieten ein sehr großes Problem. Es darf nicht sein, dass Mieterinnen und Mieter verdrängt werden, weil sie ihre Mieten nicht mehr bezahlen können. Deswegen setze ich mich für mehr bezahlbaren Wohnraum, eine Mietpreisbremse und ein soziales Mietrecht ein, damit in Berlin-Mitte nicht nur Reiche, sondern alle Menschen wohnen können. In diesem Zusammenhang ist auch das Thema gute Arbeit für mich und den Bezirk Berlin-Mitte besonders wichtig. Wer Vollzeit arbeitet, muss von seinem Lohn leben können. Deswegen brauchen wir einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn.
Philipp Lengsfeld: Als direkt gewählter Abgeordneter würde ich mich - immer in Zusammenarbeit mit den politischen Verantwortlichen in Bezirk und Land - insbesondere für die Themen historische Mitte und Verbesserung und Schutz des öffentlichen Raums (zum Beispiel Parkanlagen) einsetzen. Ich werde gegen die steigenden Strompreise kämpfen.
Özcan Mutlu: Ich will Politik für alle Menschen in meinem Bezirk machen und mich mit vollem Engagement für meinen Wahlkreis im Bundestag einsetzen: für soziale Gerechtigkeit, für bezahlbare Mieten, für Chancengleichheit in der Bildung, für den gesetzlichen Mindestlohn, Equal Pay und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Ich kämpfe für eine inklusive Gesellschaft, in der niemand ausgegrenzt oder benachteiligt wird. Altersgerechtes Leben und Wohnen muss in Mitte für unsere Senioren gewährleistet werden. Auch in Mitte gibt es Verdrängung aufgrund ansteigender Mieten. Wir Grüne wollen eine Mietpreisbremse: Mietobergrenzen für Neuvermietungen müssen per Bundesgesetz festgelegt und der Milieuschutz verbessert werden. Wir wollen auch das Programm "Soziale Stadt" weiter fördern und ausbauen.
Klaus Lederer: Mir ist wichtig, dass Mitte ein Ort für alle bleibt. Deshalb setze ich mich gegen Bodenspekulation, für den Erhalt des Grüns, eine soziale Mietenpolitik und alternative Orte im Kiez ein, ob am Spreeufer, im nördlichen Mauerpark oder in der Lehrter Straße. Ob Tiergarten oder Humboldthain - die Stadt gehört uns allen und nicht den profitsüchtigen Finanz- und Immobilienhaien.
Therese Lehnen: Im Bezirk gibt es das drängende Problem der sozialen und gesellschaftlichen Ausgrenzung. Hier ist der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund am höchsten in ganz Berlin. Ich trete für eine inklusive Gesellschaft ein, die Teilhabe aller hier lebenden Menschen ermöglicht. Deshalb trete ich für die Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft und das volle Wahlrecht auch für ausländische Mitbürger ein. Die gute Arbeit der sozialen Stadt und ihrer QM Gebiete mit Stadtteilplenen hat viele Bürger in die Gestaltung ihres direkten Umfeldes integriert. Um die Stadtteilarbeit zu verstetigen, müssen die Bundesmittel aufgestockt und gesichert werden.
Hartmut Bade: In unserem Bezirks spielen die Fragen des demografischen Wandels und auch des Zusammenlebens von Menschen deutscher und internationaler Herkunft eine große Rolle. Als Liberaler setze ich mich sehr stark dafür ein, beides nicht als Problem, sondern als Chance zu begreifen. Ältere Menschen wollen und sollen teilhaben. Sie warten nicht auf den Sozialarbeiter, der sie betüddelt, oder den Pfleger, der dann einmal kommt, wenn sie in vielen Jahren krank werden sollten. Viele Politiker reduzieren unsere älteren Mitbürger aber auf diese sozialen Gesichtspunkte. Ähnlich ist es bei den Berlinern internationaler Herkunft. Sie bereichern unseren Teil der Stadt, wenn wir nur mit Selbstverständlichkeit zusammenleben und nicht mit Sonderprogrammen Konflikte verstetigen.
Was stört Sie am meisten in Ihrem Wahlkreis?
Eva Högl: Mich stört ganz besonders, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung das Programm "soziale Stadt" bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen hat. Dadurch ist die Finanzierung und Zukunft zahlreicher Initiativen und Projekte in Gefahr. Dabei machen diese Projekte Berlin-Mitte so lebenswert und stärken den sozialen Zusammenhalt in meinem Wahlkreis. Den sozialen Kahlschlag von Schwarz-Gelb möchte ich rückgängig machen. Deswegen setze ich mich für eine finanzielle Aufstockung dieses wichtigen Programms ein, damit Mitte weiterhin so lebenswert, bunt und vielfältig bleibt.
Philipp Lengsfeld: Die Verwahrlosung des öffentlichen Raums und der oft fehlende Respekt im Umgang zwischen den Menschen ist ein schlimmes Problem, an dem wir alle gemeinsam arbeiten müssen.
Özcan Mutlu: Der Müll. Ich habe schon mit vielen weiteren Ehrenamtlichen mehrere Putzaktionen im Kiez durchgeführt. Gemeinsam hat dies natürlich Spaß gemacht, allerdings würde es unserer Umwelt besser gehen, wenn jeder mehr auf unseren Lebensraum achtet, Müll trennt und nicht unseren schönen Kiez verschmutzt. Daher liegt mir das Thema Umweltschutz auch sehr am Herzen.
Klaus Lederer: Die Armut vieler Menschen, die auf Hartz IV angewiesen sind, die Ausgrenzung bei Bildung, Ausbildung und Jobs, Verdrängung durch hohe Mieten - das stört mich in Mitte am meisten.
Therese Lehnen: Mitte ist ein bunter Bezirk, in dem die berühmte Berliner Mischung noch Realität ist und gelebt wird. Doch diese Mischung ist in Gefahr. Durch den entfesselten Kampf um Wohnraum dürfen sich keine Armen- und Reichenghettos bilden.
Hartmut Bade: Das so viele Linke und Grüne gut organisiert sind und glauben, für alle sprechen zu können. Würden mehr Menschen mitbekommen, wie über ihren Kopf hinweg ihr Steuergeld verteilt wird, wäre das anders.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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