Einzige katholische Buchhandlung im Osten muss raus
Heidrun Klinkmann (69) rührt in ihrer Teetasse, ganz hinten zwischen Bücherstapeln und christlichen Krippenfiguren. Die Leseecke in der Buchhandlung "Sonnenhaus Ziegler" ist urgemütlich, und immer wieder kommen Nachbar rein, die ein Paket abholen wollen oder Kunden, die Bücher bestellt haben.
Der Buchladen in den Heckmann Höfen ist "das Herz des Hofes"; so haben es die Mieter in ihrem Protestschreiben an die Taekker Immobilienverwaltung geschrieben. Ein Nachbarschaftstreff, wo die Leute einfach mal reinkommen, weil sie quatschen oder einen Tee trinken wollen. Doch den dänischen Hausverwalter interessiert das nicht; die Firma hat dem Traditionsladen zu Ende Juni gekündigt. Einen Tag vor Heilig Abend hatte Heidrun Klinkmann das Schreiben in ihrem Briefkasten. "Ein tolles Weihnachtsgeschenk", sagt die Inhaberin der einzigen katholischen Buchhandlung im Ostteil der Stadt. Seit 14 Jahren verkauft sie gemeinsam mit Tochter Bettina (41) in dem kleinen Laden in den Heckmann Höfen christliche Literatur und Devotionalien wie Kreuze, Engel oder Madonnen.
Die Kunden kommen zum Teil von weit her. Der katholische Bücherladen neben der Synagoge in der Oranienburger Straße 32 ist bestens gelegen zwischen dem erzbischöflichen Ordinariat in der Niederwallstraße, der Hedwigs Kathedrale und der Katholischen Akademie in der Hannoverschen Straße. Über 40 000 Bücher stapeln sich in dem 70 Quadratmeter kleinen Laden bis unter die 4,20 Meter hohe Decke.
Der Buchladen muss weg, weil in Mitte alles glattgelutscht wird. Kiezläden oder Kulturinstitutionen wie die Fotogalerie C/O Berlin oder das Kunstbiotop Tacheles sind schon weg. Die Oranienburger Straße hat dadurch längst von ihrem einzigartigen Charme verloren. Auch die anderen Mieter in den Heckmann Höfen haben Angst um ihre Zukunft. Vier von knapp 20 Läden stehen schon leer. Einigen ist gekündigt worden, andere wie das Café Orange stehen durch enorme Mietsteigerungen vor der Aufgabe. Taekker, die vor ein paar Jahren die Verwaltung der Traditionshöfe übernommen haben, wollten sich zu den Plänen nicht äußern. Die Vermieter wollen "eine exklusivere, gewerblichere Nutzung", hatte die Taekker-Gruppe dem RBB mitgeteilt. Mieter wie das Sonnenhaus, das um die zehn Euro Miete zahlt, passen da nicht mehr ins Konzept.
Das "Sonnenhaus Ziegler" ist eine Institution. Der katholische Buchladen wurde 1925 von Rudolf Ziegler gegründet und hat auch die DDR als Privatladen überlebt. Seit 1959 gibt es das Geschäft in der Oranienburger Straße 1. 2000 musste Heidrun Klinkmann, die die Buchhandlung 1985 von ihrem Vater übernommen hatte, vom Hackeschen Markt in die Heckmann Höfe umziehen, weil damals das Haus saniert wurde. Jetzt die Klinkmanns einen neuen Laden. Hohe Mieten können sie nicht bezahlen. "Wir wollen aber unbedingt in Mitte bleiben. Hier haben wir unsere Stammkunden", sagt Bettina Klinkmann. Wer helfen kann: 28 09 85 23, www.buchhandlung-sonnenhaus.de.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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