Inklusion ist mehr als behindertengerechte Fahrstühle
Die Bibliotheken bieten seit einem halben Jahr immer mehr Vorlesebücher, die extra für Demenzkranke geschrieben sind. Es gibt eBook-Reader für Sehbehinderte, PC-Arbeitsplätze mit Großschrifttastatur oder einen Bücherbringdienst. Die Volkshochschule bietet 35 Kurse, die speziell für Menschen mit Lernschwierigkeiten oder geistiger Behinderung konzipiert sind. Als einziger Bezirk gibt das Weiterbildungsamt Mitte für diese Zielgruppe extra ein Kursprogramm in einfacher Bildsprache heraus, das vor allem in betreuten Wohngemeinschaften verteilt wird. "Unsere Englischkurse in langsamen Tempo nutzen auch Senioren", sagt Volkshochschuldirektor Michael Weiß. Die Musikschule schickt seit drei Jahren Dozenten ins Weddinger Pflegeheim Goldenherz und musiziert mit 80 bis 98-Jährigen, wie Musikschulenchef Udo Krzyzynski sagt.
Die Angebote sind nur einige Beispiele, was das Amt für Weiterbildung und Kultur mit der Volkshochschule, den Bibliotheken und dem Mitte-Museum alles macht in Sachen Inklusion. "Inklusion ist viel mehr als nur die Frage, Fahrstuhl ja oder nein", so die zuständige Stadträtin Sabine Weißler (Grüne). "Unsere Bibliotheken, VHS-Kurse, Ausstellungen und unseren Musikunterricht machen wir für alle Menschen", sagte Weißler bei der Vorstellung der vielen Maßnahmen, die darauf zielen, dass jeder, egal ob körperlich oder geistig eingeschränkt, teilhaben und die Angebote nutzen kann.
Mittes Behindertenbeauftragte Hildrun Knuth hat den einzelnen Fachbereichen im Amt für Weiterbildung und Kultur "viele kreative Ideen" attestiert. In anderen Abteilungen im Bezirk sei das nicht so. Sie forderte eine andere Prioritätensetzung und endlich ein Programm für Barrierefreiheit. Notwendige behindertengerechte Umbauten bleiben zu oft auf der Strecke. Im Mittemuseum oder in der Musikschule Wedding zum Beispiel gibt es nach wie vor keine Fahrstühle. Der Umbau des VHS-Gebäudes in der Weddinger Antonstraße liegt derzeit auf Eis.
Um Menschen mit Einschränkungen im Sinne der Inklusion - zum Beispiel Geh- oder Sehbehinderte, Ältere oder Leute mit Sprachschwierigkeiten - besser helfen zu können, "brauchen wir mehr Mitarbeiter für besseren Service", sagte der Leiter des Amtes für Weiterbildung und Kultur, Michael Weiß. Doch durch den Stellenabbau haben auch die Bibliothekare kaum noch Zeit, sich um Menschen mit Handycap besonders zu kümmern. Viele Projekte wie der Bücherbringdienst und Vorleseservice seien nur durch Kooperationspartner wie dem Verein agens möglich, sagte Bibliothekschef Stefan Rogge. Weil Sach- und Personalmittel fehlen, sind die Bibliotheken auf solche Projekte angewiesen. Endet die Förderung, ist es auch mit der Nachhaltigkeit vorbei.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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