Mit Stadtgänger Bernd S. Meyer über den Heinrichplatz
"Die Ärzte" gaben ihr erstes Konzert im September 1982 in einem besetzten Haus am Heinrichplatz. Es ist eine Gegend, in die sich immer mehr Besucher trauen. Eine Momentaufnahme, denn der Wandel hin zu einem schicken Quartier scheint unaufhaltsam. Schon nach Lennés Grünplan, der 1840 die Luisenstadterweiterung mit der Oranienstraße als moderne locker bebaute Satellitenstadt auf das Köpenicker Feld konzipiert hatte, wurde alles ganz anders. Es kam zum übervölkerten Einwanderungsgebiet rund um den Görlitzer Bahnhof.
Der Heinrichplatz hatte den Namen 1849 nach einem jüngeren Bruder König Friedrich Wilhelms III. bekommen. Dieser Prinz Heinrich, nach Dienst im Hauptquartier des russischen Generals Wittgenstein 1815 zum General ernannt, lebte seit 1819 kränkelnd in Rom. Er starb 1846, nachdem er 20 Jahre lang sein römisches Zimmer nicht mehr verlassen hatte. Auch der junge Moltke dient ihm dort als Adjutant.
Der Platz war dann lange Zentrum einer lebendigen Einkaufsgegend, geriet aber nach dem Mauerbau in öde Randlage. Da galt schon der berühmte Schnellstraßenplan des Senats: Quer durch Kreuzberg und bis an die Spree sollte eine breite Schneise durch das Häusermeer der Luisenstadt geschlagen werden.
Gerne zogen damals viele Mieter aus übervölkerten Hinterhofquartieren in die Komfortwohnungen der neuen Gropiusstadt. Die dann leer stehenden, vom Abriss bedrohten Häuser entlang der Oranienstraße wurden bald von Wohnungslosen besetzt, die Polizei griff ein. Um den Heinrichplatz begann, was dann bundesweit unter dem Schlagwort "Kreuzberger Verhältnisse" bekannt wurde.
Später mündeten die heftigen Auseinandersetzungen im Konzept der behutsamen Stadterneuerung, die die Gegend bis heute so unverwechselbar macht. Neuester Bau ist die nahe Umar Ibn-Al-Khattab-Moschee, die auf dem Terrain des abgebrannten Bolle-Marktes erbaut wurde.
Autor:Lokalredaktion aus Mitte |
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