Mitte kämpft gegen Berliner Spitzenwert bei Masern-Erkrankungen
"In Sachen Impfschutz haben wir in Deutschland etwa den Entwicklungsgrad von Moldawien", sagt Matthias Brockstedt, ärztlicher Leiter des Jugend- und Gesundheitsdienstes und kommissarischer Amtsarzt beim Gesundheitsamt. Soll heißen: Die Bürger sind nicht ausreichend geimpft und die Ämter überfordert mit den Problemen, die das mit sich bringen kann. Das jüngste Beispiel ist die aktuelle Masern-Erkrankungswelle vor allem in Berlin. Wissenschaftler des Versorgungsatlasses bei der Kassenärztlichen Vereinigung haben Mitte Juli einen Untersuchungsbericht veröffentlicht, wonach in Berlin nur 58 Prozent der Kinder unter zwei Jahren ausreichend geimpft sind. Im Bund sind es durchschnittlich immerhin 62 Prozent. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts ist knapp ein Drittel aller bundesweiten Erkrankungsfülle in Berlin zu verzeichnen. Mit knapp 80 Fällen die meisten in Mitte. Während landauf landab über das Für und Wider einer Impfpflicht diskutiert wird, schlägt Brockstedt an anderer Stelle Alarm: Das Gesundheitsamt sei wegen mangelnder personeller Ausstattung kaum mehr in der Lage, im Ernstfall aktiv zu werden. Sobald dem Amt ein Fall von Masernerkrankung gemeldet wird, machen sich die Mitarbeiter daran, das Umfeld des Erkrankten zu erkunden und Menschen zu warnen, die sich angesteckt haben könnten. Im Zweifelsfall sprechen sie auch ein Kita- oder Schulverbot aus oder stellen die Familie unter Quarantäne. Doch: "Wir müssen Krisenentscheidungen treffen, weil wir unsere gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben kaum mehr erfüllen können", so Brockstedt. Wenn beispielsweise eine von Masern betroffene Familie unter Quarantäne gestellt würde, könne die Einhaltung nicht überprüft werden. "Das ist extrem frustrierend."
Der beste Schutz vor einer Ausbreitung der Masernwelle bleibt deshalb die Impfung. Das gelte auch für Erwachsene. "Masern sind keine Kinderkrankheit mehr."
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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