Schiffsdemo gegen neue Regelungen bei Sportbootvermietung
Das Salonschiff MS Marple ist ein stattlicher Kahn: 19 Meter lang und 15 Tonnen schwer. Katrin Oggesen hat das 1930 in Wildau gebaute Schiff 2008 gekauft und zu einer "schwimmenden Bar" hergerichtet, wie die Bootseignerin sagt. Die frühere "Stralau" des VEB Fahrgastschifffahrt sollte verschrottet werden. Oggesen hat mit ihrer Schwester Kirsten einen höheren fünfstelligen Betrag investiert und das Schiff zum Partykahn mit Tresen und Ledersofas ausgebaut. Vor allem im Zentrum schippert die 46-Jährige Hochzeitsgesellschaften und Geschäftskunden über die Spree. Doch jetzt ist die Existenz dieser Schiffsunternehmer gefährdet. Weil diese Schiffe keine Fahrgastschiffe sind, wird ihre gewerbliche Nutzung in der Sportbootvermietungsverordnung geregelt. Über 50 Firmen in Berlin und Brandenburg mit 80 historischen Schiffen, Solarbooten, Partyflößen, ehemaligen Schleppern, Barkassen oder Salonschiffen sind von der Verordnung betroffen. Das Bundesverkehrsministerium hat beschlossen, dass die sogenannten Sportboote seit dem 1. Januar nur noch an Selbstfahrer vermietet werden dürfen. Schiffsführer und Besatzung dürfen nicht mehr gestellt werden. Begründet wird dies mit Sicherheitsbedenken. Der Wassersport-Verband vermutet einen "Konkurrenzschutz für die klassischen Fahrgastschiffe, die in der gewerblichen Sportbootvermietung eine verdeckte Fahrgastschifffahrt sehen", sagt Sprecher Max Hiller. "Das Kleingewerbe wird hier plattgemacht, es gibt keine Übergangsregeln oder Bestandsschutz", so Hiller. Faktisch bedeutet die Gesetzesänderung das Aus für die kleinen Schifffahrtsfirmen. Kein Kapitän wird sein Schiff an ungeübte Hobby-Skipper vermieten. "Man muss das Schiff und die Strecken genau kennen", sagt Katrin Oggesen, die das Kapitänspatent hat. Sie selbst ist zwei Jahre auf der MS Marple mitgefahren, bevor sie erstmals allein das Salonschiff gesteuert hat. "Man braucht ein Gefühl für das Boot, das kann ein Hobby-Skipper nicht haben", so Oggesen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer hat im März die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen angewiesen, Verstöße gegen die neue Verordnung vorerst nicht zu ahnden. "Das ist aber keine Rechtssicherheit", so Max Hiller. Das Gesetz komme für die Betreiber der exotischen Schiffe einem Berufsverbot gleich. "Da die Eigner den Erhalt ihrer meist historischen Schiffe durch die Einnahmen aus der Vermietung finanzieren, werden letztendlich viele dieser einzigartigen Boote aus dem Stadtbild verschwinden."
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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