Schlechte Stimmung: Stadtrat Ulrich Davids gibt auf
Jeden Dienstag treffen sich die Stadträte Ulrich Davids (SPD), Carsten Spallek (CDU), Sabine Weißler und Stephan von Dassel (beide Grüne) beim Bürgermeister im Rathaus Tiergarten, besprechen am runden Tisch Projekte, beschließen Vorlagen, treffen Haushaltsentscheidungen. Es gibt Kaffee und Tee, die Stimmung ist abgekühlt. Jetzt hat Ulrich Davids, ein Stadtrat der SPD-CDU-Zählgemeinschaft, hingeschmissen. Davids, erst seit zwei Jahren im Amt, begründet das mit dem "großen Spardruck im Konsolidierungsbezirk Mitte" und beklagt eine fehlende "Politik des Miteinanders".Sind diese deutlichen Worte an seinen Chef und Parteifreund gerichtet? Um Bürgermeister bleiben zu können, hatte Hanke nach der BVV-Wahl 2011 den langjährigen Vorsitzenden der großen SPD-Abteilung Rosenthaler Vorstadt ins Bezirksamt geholt, um sich die Zustimmung der Genossen für seine SPD-CDU-Zählgemeinschaft zu sichern. Doch wie es scheint, ist Davids mit dem Mammutressort Jugend, Schule, Sport und Immobilien nicht zurechtgekommen.
Hanke habe den Stadtrat-Neuling auch nicht genug unterstützt, so Beobachter. Dem studierten Sozialpädagogen und früheren BVV-Vorsteher fehlte auch immer mehr der Rückhalt in der Fraktion. Der Bürgermeister gilt als knallharter Machtpolitiker. Er hat die massiven Sparvorgaben des rot-schwarzen Senats durchgesetzt. Mitte muss 224 Stellen, elf Prozent des Gesamtpersonals, abbauen. Nur die Grünen-Stadträte hatten dagegen gestimmt. Sozialstadtrat Stephan von Dassel hatte im Mai wegen der Personalkürzungsdebatten Christian Hanke Mobbing und fehlende Kollegialität vorgeworfen. Von Dassel versteht Davids Spardruck-Argument und fragt sich selbst, ob er diese Politik noch vertreten kann. Die Streichung von 30 Stellen im Sozialamt sei katastrophal.
Auch Ulrich Davids Ressort musste ordentlich bluten. So wurden alle Sportplatzwarte und etliche Stellen im Jugendamt gestrichen. Allerdings hatte Davids im Bezirksamt dem Sparpaket zugestimmt. Und sein Schulbereich reißt wegen hoher Gebäudekosten seit Jahren Millionenlöcher in den Bezirkshaushalt. Der SPD-Mann hat es nicht geschafft, einen aktuellen Schulentwicklungsplan aufzustellen. Mit dieser Schülerzahlprognose kann man genau steuern, welche Schulstandorte weg können. Beispiel für teure Fehlentscheidungen ist der seit Jahren leerstehende Plattenbau in der Adalbertstraße. "Das alles kostet den Bezirk Millionen", sagt Jenny Neubert von der bündnisgrünen BVV-Fraktion. Sie fordert für die Neubesetzung der Stadtratstelle "Fachkompetenz statt parteiinterne Machtspiele in der SPD". Wie es heißt, ist Hanke alles andere als unglücklich über Davids Rücktritt. Weder der Bürgermeister noch SPD-Fraktionschef Hans-Günther Mahr wollten sich dazu äußern. Auch Ulrich Davids sagt nichts, was über seine knappe Presseerklärung hinausgeht. In der Bezirksamtssitzung am 5. November wurde Davids Rücktritt mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt. In gewohnt abgekühlter Atmosphäre wurde die Tagesordnung abgearbeitet.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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