Straßenbahn steckt am Hauptbahnhof fest
Für fünfjährige Jungs ist die Invalidenstraße ein Paradies, für alle anderen wohl eher der blanke Horror: Nirgendwo ist die Pollerdichte so hoch, schlängeln sich Autos, Radfahrer und Fußgänger durch tausende Warnbaken hindurch; und mittendrin Dutzende Bagger und andere lärmende Baumaschinen. Nach jahrelangen juristischen Streitereien lässt der Senat die Invalidenstraße vierspurig aus- und Straßenbahngleise einbauen. Das 40-Millionen-Projekt soll 2015 fertig sein. Die BVG wollte die ersten Trams bereits 2013 von der Bernauer Straße via Nordbahnhof weiter zum Hauptbahnhof fahren lassen.
Doch daraus wird nichts. Wie BVG-Sprecher Klaus Wazlak sagte, gebe es in allen Abschnitten Verzögerungen. "Da ist der Wurm drin", sagte er zur "Gemeinschaftsaufgabe Invalidenstraße". So hätten zum Beispiel die vielen Leitungsbaufirmen für Zeitverzug gesorgt. Hauptproblem ist jedoch die Haltestellen-Baustelle direkt vor dem Hauptbahnhof. Laut Wazlak kann die BVG ihre prämierte Design-Station nicht bauen, solange die Fahrtreppen zur Mittelpassarelle unter der Invalidenstraße nicht fertig sind.
Die Gleise, die von der Wendeschleife in Alt-Moabit bis zum Hauptbahnhof schon liegen, enden hier. Anfang November wollte die BVG mit dem Bau ihrer Haltestelle beginnen. Wann die Tramverbindung nun eröffnet werden soll, will Wazlak nicht sagen. "Ich nenne keine Termine mehr", so der Sprecher. Nach seinen Aussagen gebe es auch "Unstimmigkeiten innerhalb der Senatsbauverwaltung". Einige Experten seien der Meinung, dass die Tram schon fahren kann, während die Invalidenstraße noch fertiggebaut wird. Andere wollen erst das Gesamtprojekt beenden.
Der Verkehrsstaatssekretär Christian Gaebler reagierte mit Unverständnis auf die BVG-Nachrichten von den Terminproblemen. "Der Termin war 2015, daran rüttelt niemand", sagte auch Katrin Vietzke von der Senatsbauverwaltung, als Chefplanerin zuständig für das Verkehrsprojekt. Die Gesamtprojektleitung liege jedoch bei der BVG, betont Viezke. Wie es jetzt aussieht, könnten die ersten Bahnen frühestens Ende 2014 rollen. Zum Hauptbahnhof werden die Linien M6, M8 und M10 verlängert.
Die 2,4 Kilometer lange Tramverlängerung vom Nordbahnhof sollte ursprünglich zeitgleich mit der Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs 2006 fertig sein. Doch Anwohnerklagen stoppten das Projekt. Nach jahrelangen Prozessen wurde erst 2011 mit dem Bau begonnen. Bausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) musste 2004 das von Vorgänger Peter Strieder (SPD) eingeleitete Planverfahren stoppen, weil der vierspurige Ausbau der Invalidenstraße in den Tramplänen "versteckt" war. Die Caroline-Michaelis-Straße konnte nicht an die Invalidenstraße angeschlossen werden und ist seitdem Sackgasse. Anwohner befürchten hohe Lärm- und Staubbelastungen. Es gab jahrelange Variantenuntersuchungen, Schadstoffberechnungen, Anhörungen und Detailänderungen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) unterstützte die Kompromissvariante der Bürgerinitiative Invalidenstraße, nach denen es für Autos nur eine Spur pro Richtung, plus Rad- und Gehwegen, sowie eine eigene Trasse für Tram und Rettungsfahrzeuge geben sollte. Details zum Tramprojekt unter www.stadtentwicklung.berlin.de.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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