Streit um Bürgerstiftung: Grüne wollen mehr Mitbestimmung
Das Vermögen, das Hans Conrad 2003 dem "Bezirksamt Tiergarten, Abteilung Soziales" vermacht hatte, ist seit Jahren angelegt. Mit mickrigen Zinsen hat sich die Einlage bis jetzt um exakt 29 764,19 Euro erhöht, wie Bürgermeister Christian Hanke (SPD) mitteilte. Mit diesen Zinsgewinnen soll "bürgerschaftliches Engagement zu Gunsten gemeinnütziger Zwecke" gefördert werden, wie es in der gegründeten "Conrad-Stiftung Bürger für Mitte" heißt. Doch bisher ist kein Cent geflossen. Vier Jahre nach dem Bezirksamtsbeschluss von Ende 2009, eine Bürgerstiftung zu gründen, gibt es neuen Streit. Laut damaliger Stiftungssatzung wollte Bürgermeister Christian Hanke allein über die Verwendung der Mittel entscheiden und den Bezirksverordneten lediglich berichten. Nach Protesten und einem BVV-Beschluss von Mitte 2011 hat das Bezirksamt 2012 die Stiftungssatzung entsprechend den BVV-Vorgaben geändert. Demnach wird ein Stiftungsrat berufen, der Vorschläge machen soll, welche konkreten Projekte gefördert werden. Entscheidungen über die Mittelvergabe trifft das Bezirksamt.
Hanke hat jetzt überraschend neun vom Bezirksamt berufene Mitglieder des Stiftungsrates präsentiert. Dazu gehören zum Beispiel der Weddinger Direktor der Berliner Sparkasse, Ibrahim Büyüksahin, Beuth-Hochschulpräsidentin Monika Gross oder rbb-Reporter Ulli Zelle. Die Mitglieder hat der Bürgermeister persönlich ausgewählt und dem Bezirksamt vorgeschlagen, das der Liste "ohne Kritik gefolgt ist", wie Hanke betont.
Der BVV-Hauptausschuss darf ein beratendes Mitglied ohne Stimmrecht in den Stiftungsrat entsenden. Weil wegen der plötzlichen Eile keine Zeit für Diskussionen blieb, hat der Hauptausschuss erst mal kommissarisch den Ausschussvorsitzenden Marc Urbatsch (Grüne) zur konstituierenden Stiftungsratssitzung am 11. Februar entsandt.
Die Grünen kritisieren "erneut den Alleingang des Bürgermeisters", so Frank Bertermann und fordert weitere Änderungen in der Stiftungssatzung. So soll zum Beispiel der BVV-Vorsteher als ständiges und stimmberechtigtes Mitglied die BVV im Stiftungsrat vertreten. Auch sollen alle BVV-Fraktionen einen Vertreter als beratendes Mitglied ohne Stimmrecht entsenden dürfen. Die Bezirksverordnetenversammlung soll zudem bei der Auswahl der Stiftungsratsmitglieder beteiligt werden, heißt es in dem Beschlussentwurf, den die Grünen am 6. Januar im Ausschuss Transparenz und Bürgerbeteiligung vorgelegt hatten. Nach kontroverser Debatte wurde das Thema vertagt.
Die Grünen bringen jetzt den neuen Stiftungsantrag in die BVV-Sitzung am 23. Januar. Schon im Ausschuss zeigte sich Christian Hanke sehr erbost über den erneuten Grünen-Vorstoß, "die seit Jahren in der BVV diese Stiftung sabotieren", so Hanke. Die Grünen würden "altes neu aufwärmen, um parteipolitischen Einfluss zu gewinnen" und so "zivilgesellschaftlich engagierten Bürger Misstrauen entgegenbringen."
Frank Bertermann von den Grünen besteht jedoch weiter auf mehr Mitspracherecht der BVV. Dass Hanke nach der erneuten Stiftungsdebatte durch die Grünen "jetzt nach über vier Jahren am 7. Januar auf die Schnelle den Stiftungsbeirat im Bezirksamt beschließen lässt", will Bertermann nicht hinnehmen.
Der vom Bezirksamt berufene Stiftungsrat der "Conrad Stiftung Bürger für Mitte":
- Ibrahim Büyüksahin, Direktor Berliner Sparkasse / Region Tiergarten-Wedding;
- Catherine von Fürstenberg-Dussmann, Vorsitzende des Stiftungsrates der Peter-Dussmann-Stiftung;
- Prof. Dr. Monika Gross, Präsidentin der Beuth Hochschule für Technik;
- Dr. Birgit Hoppe, Vorstandsvorsitzende / Direktorin der Stiftung Sozialpädagogisches Institut SPI;
- Martin Kirchner, Superintendent evangelischer Kirchenkreis Berlin Nord-Ost;
- Timo Reinfrank, Stiftungskoordinator Amadeu Antonio Stiftung;
- Dr. Herbert Scherer, ehemaliger Geschäftsführer des Verbandes für soziokulturelle Arbeit;
- Albert Türklitz, Geschäftsführer Möbel-Hübner Einrichtungshaus GmbH;
- Ulli Zelle, Moderator beim RBB
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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