Streit um Gestaltung des Umfeldes der Marienkirche
Trinker urinieren an die Kirchentüren, Müll landet in der Senke, Behinderte kommen kaum die Treppen runter. Das 700 Jahre alte Gotteshaus an der Karl-Liebknecht-Straße steht in einem Loch, weil die Freiflächen rund um den benachbarten Fernsehturm und Neptunbrunnen nach dem Krieg mit Schutt aufgefüllt wurde. Um die Defizite zu beseitigen, soll das Areal rund um die Kirche neu gestaltet werden. Die Landschaftsarchitekten vom Büro Levin Monsigny haben im Auftrag des Bezirks ein Konzept entwickelt, um der Kirche "mehr Raum zu geben". Erste Planungsideen wurden im September vorgestellt. Die Architekten wollen rund um die Kirche die Barrieren entfernen und mehr Freiflächen schaffen. So sollen zum Beispiel die Treppen langgezogenen Schrägen weichen und den Eingangsbereich als Platz betonen. Büsche kommen weg und dunkle Ecken werden beleuchtet. Eine flache Mauer als Sitzbank umrahmt die Kirche. Streit gibt es um die Sichtbarmachung der historischen Bebauung. Rund um die Marienkirche standen früher ganz dicht Häuser. Das Stadtviertel wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört und zu DDR-Zeiten abgeräumt. Die ehemaligen Gebäudemauern sollen mit Corten-Stahlbändern im Boden nachgezeichnet werden. Die Kirche möchte jedoch die Kellerfundamente zum Beispiel des ehemaligen Probst-Grüber-Hauses freilegen und in einem architektonischen Fenster zeigen. Dazu müssten auch Flächen außerhalb des Kirchengrundstücks in Richtung Fernsehturm aufgebuddelt werden, die gerade erst saniert wurden. Senatsbaudirektorin Regula Lüscher lehnt das ab. Sie empfiehlt eine Markierung der ehemaligen Bebauung um die Marienkirche und keinen "baulichen Eingriff in die Freiraumgestaltung am Fernsehturm". Die Architekten wollen am 21. November die überarbeiteten Planungen im BVV-Ausschuss Verkehr und Grünflächen vorstellen. Die Bezirksplaner plädieren ebenfalls für die Markierungsvariante. Es würden dadurch auch im Hinblick auf die Pläne für ein zukünftiges Rathausforum keine historischen Spuren vernichtet. Die Kellerfundamente könnten später immer noch freigelegt werden. Noch gibt es keinen Generalplan, wie die riesige Freifläche zwischen Spree und Alexanderplatz sowie Rotem Rathaus und Marienkirche einmal aussehen soll. Das einst dicht bebaute Areal soll neu gestaltet werden. Der Senat will für das Rathausforum einen städtebaulichen Wettbewerb starten. Seit Jahren wird kontrovers über eine mögliche Bebauung der historischen Stadtmitte diskutiert. Laut Planwerk Innenstadt von 1999 soll die öffentliche Freifläche grundsätzlich erhalten werden. Neue Häuser auf dem Areal sind jedoch keinesfalls ausgeschlossen.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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