"Wir brauchen das Engagement der Älteren"

Als ehemaliges Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick weiß Johanna Hambach, wie Politik funktioniert. | Foto: Anett Baron
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Berlin. Johanna Hambach ist seit Mai 2012 Vorsitzende der Landesseniorenvertretung Berlin. Das Gremium unterstützt die bezirklichen Seniorenvertretungen und vertritt deren Interessen auf Landesebene. Mit Johanna Hambach sprach unsere Reporterin Anett Baron.

Frau Hambach, im vorigen Jahr beschloss der Senat Leitlinien der Berliner Seniorenpolitik und stellte eine Überprüfung des Seniorenmitwirkungsgesetzes in Aussicht. Wie bringt sich ihr Gremium in diesen Prozess ein?

Johanna Hambach: Die bezirklichen Seniorenvertretungen haben sich ausgehend von den Leitlinien intensiv mit dem Seniorenmitwirkungsgesetz beschäftigt. Denn wir wollen uns keine Änderungen einfach so überstülpen lassen. Deshalb haben wir Stellungnahmen verfasst. Um über die Aktualität und die Perspektiven des Seniorenmitwirkungsgesetzes zu beraten, lädt die Landesseniorenvertretung am 28. März von 10 bis 13 Uhr zu einer Podiumsdiskussion ins Berliner Abgeordnetenhaus ein. Interessierte sind herzlich willkommen!

Kann sich eigentlich jeder an der Arbeit der Seniorenvertretungen beteiligen?

Johanna Hambach: Seniorenvertretungen gibt es in jedem Bezirk. Es sind öffentliche Gremien, an denen sich jeder beteiligen kann, der das 60. Lebensjahr vollendet hat. Aber auch neugierige Jüngere dürfen gerne mal vorbeischauen.

Untersuchungen zeigen, dass das Engagement Älterer abnimmt.

Johanna Hambach: Diese Erfahrung habe ich noch nicht gemacht. Aber ich weiß, dass wir in einem städtischen Umfeld mit einem vielfältigen Angebot leben. Um darin wahrgenommen zu werden, sind wir wieder auf der Berliner Freiwilligenbörse am 5. April präsent. Außerdem sind neue Formen der Betätigung gefragt. Viele Menschen wollen sich punktuell engagieren und interessieren sich für ein spezielles Thema. Langfristiges Engagement ist nicht so beliebt. Es gibt aber gute Erfolge in einzelnen Bezirken in der Zusammenarbeit mit den Freiwilligenagenturen.

Beim Thema "demografischer Wandel" denken viele an die Risiken. Sehen Sie auch Chancen?

Johanna Hambach: Ja, wir haben uns sehr in den Dialog des Wissenschaftsjahres 2013 "Die demografische Chance" eingebracht. In sechs Städten gab es dazu Werkstattgespräche, und wir waren dabei. Wir Seniorenvertreter konnten mitbestimmen, was für oder über ältere Menschen geforscht wird.

Das Altersbild in der Gesellschaft hat sich geändert?

Johanna Hambach: Das wird geschrieben, aber im täglichen Umgang mit Älteren hat es sich noch nicht überall durchgesetzt. Noch zu oft stehen die Probleme des Alterns und der Pflegenotstand im Vordergrund. Aber es geht doch nicht nur um Krankheit. Viele Ältere gehen heute lange arbeiten. Sie leisten darüber hinaus einen unersetzlichen Beitrag im Freiwilligenbereich zum Beispiel als Trainer in Vereinen.

Forderungen der Seniorenvertretungen sind in die Leitlinien eingeflossen. Was ist im Bezug auf bürgerschaftliches Engagement wichtig?

Johanna Hambach: Im Sozialgesetzbuch XII ist zwar die Altenhilfe direkt verankert, aber in der Wirklichkeit ist das selten abgesichert. Die Bezirke bekommen keine direkte Zuweisung vom Senat. Und da es sogenannte weiche Kosten sind, wird an dieser Stelle auch schnell gekürzt. Bürgerschaftliches Engagement braucht Bedingungen wie unsere Begegnungsstätten in Treptow-Köpenick. Hamburg ist ganz anders organisiert: Dort erhalten die Bezirke eine Rahmenzuweisung direkt für diese Aufgabe.

Wie ließe sich die Anerkennungskultur verbessern?

Johanna Hambach: Aus finanzieller Sicht geht es nicht nur um eine Aufwandsentschädigung, sondern auch um den Auslagenersatz. Damit ist unter anderem die Erstattung des Fahrscheins gemeint. Denn viele haben nur eine kleine Rente. Ein Dankeschön in Form einer Einladung zu einer Kulturveranstaltung oder zu einer Schiff- oder Busfahrt gehört auch dazu.

Auch Ihr Engagement ist ehrenamtlich. Haben Sie noch Freizeit?

Johanna Hambach: Von der Stundenzahl her betrachtet nähere ich mich einem Vollzeitjob. Zu Beginn habe ich eine Weile gebraucht, um die Grenzen klar zu ziehen. Denn es muss Zeit für Familie und andere Interessen bleiben. Und wenn es mal nicht so läuft, setze ich mich aufs Fahrrad und radle durch den Wald - das macht den Kopf frei.

Anett Baron / AB
Autor:

Anett Baron aus Mitte

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